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Wohnungseingangstüren sind Gemeinschaftseigentum

Sehr geehrte Leser des Blogs,
in meiner Praxis werde ich immer wieder mit der Frage konfrontiert, ob Wohnungseingangstüren, also die Abschlusstüren einzelner Wohnungen hin zum Hausflur eines als WEG organisierten Mehrparteienhauses, zum Sonder- oder zum Gemeinschaftseigentum gehören. Genauer gesagt meinen fast alle Beteiligten (gerade auch Sachverständige) in der Regel, dass es sich um Sondereigentum handele und begegnen mir eher ungläubig, wenn ich erläutere, dass die Wohnungseingangstüren zwingend zum Gemeinschaftseigentum gehören.

Warum das so ist, ist mir zugegebenermaßen nicht ganz klar, denn bereits mit Urteil des Bundesgerichthofs vom 25.10.2013 – V ZR 212/12 – ist die Rechtslage höchstrichterlich klargestellt worden. Hier ein längerer Auszug:

„a) Auf die Regelung in der Teilungserklärung, nach der die Türen der Zwischenwände innerhalb der Sondereigentumsräume und die Türen zum Treppenhaus zum Sondereigentum gehören, kommt es für die sachenrechtliche Zuordnung nicht an. Wie der Senat bereits klargestellt hat, kann durch eine Teilungserklärung Sondereigentum an wesentlichen Bestandteilen des Gebäudes (§§ 93, 94 BGB) nicht begründet werden (eingehend Senat, Urteil vom 26.10.2012, V ZR 57/12, NJW 2013, 1154 Rdnr. 10 f.). Wohnungseingangstüren gehören zu den wesentlichen Bestandteilen eines Gebäudes (§ 94 Abs. 2 BGB; MünchKommBGB/Stresemann, 6. Aufl., § 94 Rdnr. 23). Enthält die Teilungserklärung – wie hier – eine Aufzählung der zum Sondereigentum gehörenden Bestandteile des Gebäudes, hat dies nur deklaratorischen Charakter; welche wesentlichen Gebäudebestandteile im Sondereigentum stehen, bestimmt sich allein nach den gesetzlichen Regelungen in § 5 Abs. 1 bis 3 WEG (Senat, Urteil vom 26.10.2012, V ZR 57/12, a. a. O., Rdnr. 11). Davon zu trennen ist die Frage, ob die Wohnungseigentümer die Pflicht zur Instandsetzung und Instandhaltung von Teilen des gemeinschaftlichen Eigentums bzw. zur Tragung der damit verbundenen Kosten abweichend von § 21 Abs. 5 Nr. 2, § 16 Abs. 2 WEG einzelnen Sondereigentümern auferlegen können (dazu Senat, Urteil vom 2.3.2012, V ZR 174/11, NJW 2012, 1722 Rdnr. 7 f.).

b) Ob Wohnungseingangstüren im gemeinschaftlichen Eigentum oder im Sondereigentum stehen, wird unterschiedlich beurteilt. Nach vereinzelter Auffassung sind sie sondereigentumsfähig (so MünchKommBGB/Commichau, 6. Aufl., § 5 WEG Rdnr. 12 a. E.) und zählen nur dann zum Gemeinschaftseigentum, wenn sie im Sinne von § 5 Abs. 2 WEG für den Bestand oder die Sicherheit des Gebäudes erforderlich sind (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 4.1.2002, 3 Wx 293/01, ZWE 2002, 279, 280; Greiner, Wohnungseigentumsrecht, 2. Aufl., Rdnr. 52). Andere ordnen nur die Innenseite der Tür (Staudinger/Rapp, § 5 WEG Rdnr. 25) oder nur den Innenanstrich (Müller, Praktische Fragen des Wohnungseigentums, 5. Aufl., Teil 2 D Rdnr. 80) dem Sondereigentum zu. Überwiegender Auffassung zufolge stehen Wohnungseingangstüren dagegen stets insgesamt im gemeinschaftlichen Eigentum (OLG München, NJW 2007, 2418; OLG Stuttgart, BauR 2005, 1490 f.; OLG Düsseldorf, OLGR 2000, 1 ff.; Bärmann/Armbrüster, WEG, 12. Aufl., § 5 Rdnr. 124; Jennißen/Grziwotz, WEG, 3. Aufl., § 5 Rdnr. 105; Riecke/Schmidt/Schneider, WEG, 3. Aufl., § 5 Rdnr. 76; Spielbauer/Then, WEG, 2. Aufl., § 5 Rdnr. 9 a. E.; Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 10. Aufl., § 5 Rdnr. 29; BeckOK-WEG/Kesseler, Edition 17, § 5 Rdnr. 48; BeckOK-BGB/Hügel, Edition 28, § 5 WEG Rdnr. 12).

 c) Die letztere Auffassung trifft zu.

 aa) Richtig ist allerdings, dass sich die Zuordnung zum gemeinschaftlichen Eigentum (auch) aus § 5 Abs. 2 WEG ergeben kann. Nach dieser Bestimmung sind Teile des Gebäudes, die für dessen Bestand oder Sicherheit erforderlich sind, sowie Anlagen und Einrichtungen, die dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentümer dienen, nicht Gegenstand des Sondereigentums, selbst wenn sie sich im Bereich der im Sondereigentum stehenden Räume befinden. Hier sind die Wohnungseingangstüren den Feststellungen des Berufungsgerichts zufolge an der Außenwand des Gebäudes gelegen. Dann sind sie – wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt – im Sinne von § 5 Abs. 2 WEG für den Bestand des Gebäudes erforderlich, weil sie dem Schutz des Gebäudes gegen Witterungseinflüsse dienen. Zugleich stehen sie gemäß § 5 Abs. 1 WEG im gemeinschaftlichen Eigentum. Dieser Vorschrift zufolge sind Gegenstand des Sondereigentums auch die zu den im Sondereigentum stehenden Räumen gehörenden Bestandteile des Gebäudes, die verändert, beseitigt oder eingefügt werden können, ohne dass dadurch das gemeinschaftliche Eigentum oder ein auf Sondereigentum beruhendes Recht eines anderen Wohnungseigentümers über das nach § 14 WEG zulässige Maß hinaus beeinträchtigt oder die äußere Gestaltung des Gebäudes verändert wird. Eine andere Gestaltung von Wohnungseingangstüren, die an der Außenwand gelegen sind, verändert regelmäßig die äußere Gestaltung des Gebäudes in diesem Sinne; davon geht das Berufungsgericht auch hier nachvollziehbar aus.

 bb) Aber auch unabhängig davon, ob Wohnungseingangstüren innerhalb des Gebäudes oder an dessen Außenseite gelegen sind, sind sie gemäß § 5 Abs. 1 WEG zwingend dem gemeinschaftlichen Eigentum zugeordnet. Treppenhäuser und Laubengänge sind gemäß § 5 Abs. 2 WEG gemeinschaftliches Eigentum (BGH, Urteil vom 6.6.1991, VII ZR 372/89, BGHZ 114, 383, 386). Wohnungseingangstüren, die das Sondereigentum von dem Treppenhaus oder – wie hier – einem Laubengang trennen, gehören nicht, wie es § 5 Abs. 1 WEG voraussetzt, zu den im Sondereigentum stehenden Räumen. Ob es für die Auslegung dieses Begriffs auf einen räumlichen oder einen funktionalen Zusammenhang ankommt (vgl. Senat, Urteil vom 26.10.2012, V ZR 57/12, NJW 2013, 1154 Rdnr. 16 ff.), kann dahinstehen. Denn Wohnungseingangstüren stehen räumlich und funktional in einem Zusammenhang sowohl mit dem Sonder- als auch dem Gemeinschaftseigentum. Erst durch ihre Einfügung wird die Abgeschlossenheit der dem Sondereigentum zugewiesenen Räume hergestellt, die vorliegen soll, damit Sondereigentum entstehen kann (§ 3 Abs. 2 Satz 1, § 7 Abs. 4 Nr. 2 WEG). Sie dienen stets der räumlichen Abgrenzung von Gemeinschafts- und Sondereigentum. Gehören sie damit räumlich und funktional (auch) zu dem Gemeinschaftseigentum, steht die gesamte Tür als einheitliche Sache im gemeinschaftlichen Eigentum (vgl. Bärmann/Armbrüster, WEG, 12. Aufl., § 5 Rdnr. 124).

Bitte beachten Sie, dass der BGH auch ausdrücklich sagt, dass es nicht darauf ankommt, ob die Wohnungseingangstüren an der Außenwand eines Gebäudes liegen oder an einer Innenwand zum Hausflur hin. In jedem Fall handelt es sich zwingend um Gemeinschaftseigentum. Die Verwirrung kommt wohl daher, dass es in Teilungserklärungen/Gemeinschaftsordnungen möglich ist, die Instandhaltungskosten für die Türen gegebenenfalls auf einzelne Sondereigentümer umzulegen. Das endet am Charakter des Gemeinschaftseigentums allerdings nichts.

Für die Mandanten ist dieser Umstand in Bauträgerkonstellationen zuweilen ärgerlich: Während der Mandant sich gegenüber dem Bauträger in einer privaten Auseinandersetzung bezüglich seines Sondereigentums befindet, kann er (oder sollte er) in der Regel im gleichen Zug nicht die Problematik der Wohnungseingangstür klären, die wiederum zusammen mit den übrigen Mängeln am Gemeinschaftseigentum einheitlich durch die WEG abgehandelt werden sollte. Während der Mandant also oftmals bezüglich der Mängel in seiner Wohnung direkt, dem Sondereigentum, mindert oder die Mängel beseitigen lässt, zieht sich die Angelegenheit während der mangelhaften Wohnungseingangstür manchmal noch lange hin. Eine Ausnahme besteht nach einem BGH-Urteil allerdings bei Überwälzung der Instandhaltungspflicht (siehe dazu den Blog aus November 2022).

Eugen Kalthoff
Rechtsanwalt | Partner
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

Sekretariat: Frau Hofbauer & Frau Stiefsohn
Durchwahl: 0751 36331-19/-26

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Eine Antwort

  1. Das ist gut zu wissen. Frage mich allerdings, wie man das als „Laie“ der Gemeinschaft und den Verwaltern gegenüber kommuniziert?
    Und sind alle Anwälte in dieser Kanzlei so umwerfend gutaussehend?

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