Es ist eigentlich die Wunschvorstellung im Familienrecht, das sogenannte Wechselmodell. Die Idee dahinter ist das beide Eltern jeweils hälftig die gemeinsamen Kinder betreuen und so die bestehenden Belastungen gleichmäßig verteilt werden.
Grundsätzlich betrachtet ist das Wechselmodell häufig aber mehr Theorie als Lebenswirklichkeit, weil es sich z.B. aufgrund unterschiedlicher beruflicher Situationen nicht realisieren lässt oder das Kindeswohl dem Wechselmodell entgegensteht, wobei nicht selten einer der Eltern letzteres bewusst „torpediert“, um sich den Anspruch auf (den vollen) Kindesunterhalt zu erhalten.
Denn der reinen Theorie nach könnte bei einem Wechselmodell, wenn beide Eltern also jeweils zur hälftig die gemeinsamen Kinder betreuen auch ein Anspruch auf Kindesunterhalt fraglich sein. Doch gerade hierüber entbricht nicht selten zwischen den Eltern als auch den beteiligten Juristen ein erbitterlicher Streit. Je nach Standpunkt wird nämlich die Ansicht vertreten, dass quasi jeder noch so kleine Mehraufwand in zeitlicher Hinsicht, also z.B. eine Verteilung der Betreuungszeiten von 49 zu 51 % selbstverständlich den Kindesunterhaltsanspruch in voller Höhe entstehen lässt. Eine andere Ansicht argumentiert bei solch geringen Unterschieden in der Betreuung für eine prozentuale Kürzung des Unterhaltsanspruchs.
Meist führt ein Streit über das Wechselmodell im Ergebnis sehr häufig zu der Konsequenz, dass die Gesprächsbasis der Eltern nachhaltig beeinträchtigt ist und sich die notwendige Zusammenarbeit für das Wechselmodell in absehbarer Zeit nicht bewerkstelligen lässt, weshalb einer der Eltern entweder rein tatsächlich oder mithilfe eines Antrags bei Gericht, den Umgang so regelt, dass der Schwerpunkt der Betreuungszeiten bei ihm liegt, mit dem Ergebnis eines Anspruchs auf Kindesunterhalt.
Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung aus dem Jahr 2017 zum Kindesunterhalt beim Wechselmodell folgende Vorgaben gemacht (NJW 2017, 1676):
Grundsätzlich haften beim Wechselmodell beide Elternteile für den Barunterhalt, wobei der Bedarf sich am beiderseitigen Einkommen der Eltern orientiert. Etwaige Mehrkosten des Wechselmodells sind hinzuzurechnen.
Der geleistete Naturalunterhalt während den Betreuungszeiten lässt den Anspruch auf Barunterhalt nicht entfallen, sondern führt als teilweise Erfüllung des Unterhaltsanspruchs in der Regel nur zu einer Reduzierung.
Insoweit kann in zulässiger Weise der Unterhaltsanspruch gegen den besserverdienenden Elternteil weiterverfolgt werden und als sogenannte Unterhaltsspitze auch durchgesetzt werden. Der Anspruch steht weiterhin dem Kind zu und wird nicht etwa zu einem nur zwischen den Eltern bestehenden familienrechtlichen Ausgleichsanspruch.
Im Ergebnis wird bei einem tatsächlich paritätischen Wechselmodell laut dieser Rechtsprechung des BGH der Kindesunterhalt aus dem beiderseitigen Einkommen berechnet, weshalb zum einen der Kindesunterhalt aufgrund der höheren Bemessungsgrundlage aus beiden Einkommen steigt und es kann bei einem deutlichen Gefälle zwischen den Einkommen der Eltern, zumindest rechnerisch zu einer höheren Belastung des besserverdienenden Elternteils kommen, als wenn der Kindesunterhalt lediglich allein aus einem Einkommen berechnet werden würde.
Im Rahmen einer Kontrollüberlegung sollte deshalb immer überprüft werden, ob es wirtschaftlich überhaupt Sinn macht ein Wechselmodell zu forcieren oder ob nicht mit einem „annähernden Wechselmodell“, bei dem aufgrund der Betreuungsleistung des unterhaltspflichtigen Elternteils sich argumentativ auch ein niedrigerer Betrag aus der Düsseldorfer Tabelle darstellen lässt, ein wirtschaftlich interessanteres Ergebnis erzielt werden kann?
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Eine Antwort
Vielen Dank für diesen Beitrag zum Thema Familienrecht. Ich suche einen Rechtsanwalt für Familienrecht. Interessant, dass die Idee hinter dem Wechselmodell ist, dass beide Eltern jeweils hälftig die gemeinsamen Kinder betreuen und so die bestehenden Belastungen gleichmäßig verteilt werden.