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Streitverkündung: Bezugnahme auf Anlagen zulässig

Das OLG Frankfurt a. M. (29. Zivilsenat) hat mit Urteil vom 26.09.2022 – 29 U 197/21 eine für das Baurecht interessante Entscheidung getroffen und im Berufungsverfahren das Urteil des erstinstanzlichen Landgerichts gekippt:

Im Fall wurde – wie in Bausachen oft – im Rahmen eines selbstständigen Beweisverfahrens zunächst der Frage nachgegangen, welche Mängel vorliegen und welche Firma die Mängel zu verantworten hat. Dazu wurden unter den Beteiligten Streitverkündung den ausgesprochen, mit dem Ziel, die Verjährung etwaiger Regressansprüche zu hemmen und die einzelnen Beteiligten an das Ergebnis des gerichtlichen Verfahrens zu binden.

Im sich daran anschließenden Hauptsacheverfahren wollte ein Kläger einen eben solchen Regressanspruch durchsetzen. Er verlor das Verfahren erstinstanzlich vor dem Landgericht aber, weil der Beklagte sich auf Verjährung berufen hatte. Das Landgericht urteilte, die Streitverkündung des Klägers habe die Verjährung nicht hemmen können, da sie in formeller Hinsicht unzureichend gewesen sei. Der Kläger hatte nämlich seinen Streitverkündungsschriftsatz recht kurz gefasste, ihm allerdings in der Anlage die wesentlichen Schriftsätze aus dem selbstständigen Beweisverfahren beigefügt und darauf mit konkretem Text Bezug genommen. Das hielt das Landgericht für nicht ausreichend.

Das Oberlandesgericht Frankfurt hingegen sah darin kein Problem. Es komme darauf an, dass der Empfänger einer Streitverkündungsschrift sich ein zureichendes Bild vom Gegenstand und der Lage des Prozesses machen könne; insofern sei es hier nicht so gewesen, dass der Kläger lediglich abstrakt auf die Akte oder den Beklagten auf sein Akteneinsichtsrecht verwiesen habe, sondern die entsprechenden Schriftsätze, aus denen sich Gegenstand und Lage des Verfahrens ergaben, waren unstreitig der Streitverkündungsschrift beigefügt und dem Empfänger auch wirksam zugestellt worden. Insofern konnte der Beklagte als Empfänger der Streitverkündungsschrift mit den Dokumenten, die er tatsächlich erhalten hatte, sich ein genügendes Bild vom Verfahren machen.

In der Konsequenz konnte der Prozess in der Hauptsache also fortgesetzt werden, da Verjährung nicht eingetreten war.

Diese Entscheidung ist erfreulich, denn in Bausachen sind Streitverkündung häufig und führen oftmals zu einem Anschwellen der jeweiligen Verfahrensakte. Es ist niemandem gedient, wenn bei der Streitverkündung unnötig hohe formelle Hürden aufgestellt werden. Natürlich muss der Empfänger die Möglichkeit haben, angemessen auf eine Streitverkündung zu reagieren: Dem Empfänger ist aber auch zuzumuten, das, was er bekommt, zu lesen und sorgfältig zu interpretieren. Anderenfalls müsste der Streitverkündete, wenn er sicher gehen will, im Extremfall alles abschreiben und doppelt und dreifach in Bezug nehmen und beifügen. Das kann in Hinblick auf eine effiziente Prozessführung nicht gewollt sein.

Eugen Kalthoff
Rechtsanwalt | Partner
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

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