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Beseitigung einer (baulichen) Störung – die Wahl der Mittel obliegt einzig dem Schuldner

Mit Urteil vom 22.01.2020 (V ZR 12/19) hat der BGH unterstrichen, dass bei einer Klage auf Beseitigung einer Störung der Antrag des Klägers richtig formuliert ist, wenn er zwar das zu erreichende Ziel bestimmt genug benennt, nicht aber die dafür erforderlichen Maßnahmen.

Im verhandelten Fall klagte ein Nachbar auf Erneuerung einer grenzständigen Wand, die durch einen Brand beschädigt worden war (der kaputte Zustand war also rechtlich gesehen die „Störung“). Die Sanierung sollte dergestalt erfolgen, dass das Haus des Klägers „ausreichend gegen Witterung geschützt und gegen Wärmeverlust gedämmt“ und „Feuchtigkeitsimmissionen abgewehrt“ würden. Dazu dürfe der Schuldner „diejenigen Maßnahmen ergreifen, die erforderlich sind“.

Der Beklagte verteidigte sich mit dem Einwand, der Antrag des Klägers sei nicht bestimmt genug; es sei nicht klar, welchen Schutzfaktor die alte Wand gehabt hätte und welcher nun genau erreicht werden müsse.

Der BGH jedoch entschied zu diesem Punkt, dass der Antrag auf einen „ausreichenden Schutz“ des klägerischen Gebäudes gegen Witterung, Feuchtigkeit und Wärmeverlust, demnach auf das für ein Wohngebäude erforderliche Mindestmaß gerichtet sei. Der Kläger hatte also ein konkretes Ziel, einen ausreichend genau bemessenen Erfolg gefordert; mithin war sein Antrag bestimmt genug.

Damit war der Fall zwar noch nicht endgültig ausdiskutiert, da man in der Sache schon prüfen musste, wie sich die früheren Verhältnisse bei Bestehen der abgebrannten Wand darstellten; aber der Beklagte scheiterte damit, den Kläger mit dem formellen Argument eines falsch formulierten Antrags „aus dem Rennen zu werfen“.

Quelle: FD-ZVR 2021, 436571, beck-online

Diese Konstellation ist indes recht häufig und führt oft zu Folgeproblemen im Vollstreckungsverfahren:

Ist ein Beklagte erst einmal verurteilt, den vom Kläger gewünschten Erfolg herbeizuführen, dann wird er zum Schuldner, der nun die Wahl hat, wie er die Sache angehen will. Naturgemäß wählt der Schuldner die ihm günstigste Alternative und führt einen aus seiner Sicht gerade so ausreichenden Erfolg herbei. Aus Sicht des Gläubigers wiederum hat der Schuldner sich nicht an die Verpflichtung aus dem Urteil gehalten und den Erfolg knapp verfehlt.

Im Ergebnis treffen sich beide erneut vor Gericht, wo nun geprüft werden muss, ob denn der begehrte Erfolg eingetreten ist oder nicht. Das kann mitunter sehr schwer herauszufinden sein und den Einsatz gerichtlicher Sachverständiger erfordern (man denke z. B. an die Einhaltung von Immissionswerten etc.).

Durch die dem Schuldner überlassene Wahl der Mittel wird also ggf. ein Teil des Erkenntnisverfahrens in das Vollstreckungsverfahren verlagert, was de facto oft zu einem „doppelten Prozess“ führen kann.

Den damit verbundenen (monetären) Belastungen können die Parteien durch klugen Vergleichsschluss im ersten Verfahren begegnen; das erfordert allerdings eine gewisse Weitsicht und präzise Verhandlungsführung.

Eugen Kalthoff
Rechtsanwalt

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