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Ersatzvornahme durch Bauherr – wer trägt das Prognoserisiko für die Kosten?

Über diese Frage wird oft und viel gestritten. Das Kammergericht hat in einer neueren Entscheidung vom 06.10.2022 die von der Rechtsprechung ausgearbeiteten Kriterien nochmals nachvollziehbar dargestellt:

Es ging um Folgendes: Im Auftrag des Bauherrn baut ein Auftragnehmer in dessen Objekt eine Video-, Türöffnung- und Gegensprechanlage ein. Es treten nach Durchführung der Arbeiten und Abnahme technische Störungen auf. Ein Mängelbeseitigungsversuch des AN scheitert. Daraufhin lässt der Bauherr, begleitet durch einen Sachverständigen, die Anlage durch einen Drittunternehmer ersetzen und verlangt die hierfür entstandenen Kosten.

Der Auftragnehmer hält die Kosten für übersetzt und bestreitet, dass ein Komplettaustausch für die Herstellung der Funktionstüchtigkeit erforderlich war.

Die Entscheidung: Der Auftragnehmer dringt mit seinem Einwand der mangelnden Erforderlichkeit der Kosten nicht durch. Für die Erforderlichkeit ist – so das Gericht – auf den Aufwand und die damit verbundenen Kosten abzustellen, die der Auftraggeber zum Zeitpunkt der Mängelbeseitigungsmaßnahme als vernünftiger und wirtschaftlich denkender Auftraggeber aufgrund sachkundiger Beratung aufwenden musste. Dabei darf der Auftraggeber keine beliebigen Kosten produzieren und ist darauf verwiesen – soweit erkennbar – auch eine preiswertere Sanierung, die den vertraglich geschuldeten Zustand herstellt, durchzuführen.

Der sachverständig beratene Auftraggeber ist aber privilegiert, für den Fall, dass sich die Kosten der Ersatzvornahme nachträglich als nicht erforderlich erweisen, die Einschätzung des Auftragsgutachters mithin falsch war. Denn das Risiko der Fehleinschätzung des Sachverständigen trägt der Auftragnehmer. Anders formuliert: Der Auftraggeber darf sich auf sachkundig vorgeschlagene Maßnahmen zur Beseitigung von Mängeln und der hierfür erforderlichen Kosten grundsätzlich verlassen.

Anmerkung: Die Entscheidung steht im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Danach gilt der Sachverständige nicht als Erfüllungsgehilfe im Verhältnis zum Auftragnehmer. Im Grundsatz ist der Auftraggeber auch nicht gehalten, besondere Anstrengungen zu unternehmen, um einen preisgünstigeren Ersatzunternehmer ausfindig zu machen.

Quellenhinweis: IBR 2024, 13

Rechtsanwalt Walther Glaser
Fachanwalt für Verwaltungsrecht
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht


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