Die Aussage in der Überschrift postuliert das OLG Saarbrücken in einer Entscheidung vom 27.01.2021 (Az.: 2 U 39/20). Es ging um folgendes:
Der klagende Architekt verlangt die Bezahlung restlichen Honorars. Dem hält der Bauherr entgegen, die Planung hinsichtlich der Flucht- und Rettungswege sei mangelhaft und fordert Schadenersatz in Form von Mängelbeseitigungskosten in Höhe von über 400.000,00 €. Der Architekt hat eine vom Fachplaner gelieferte fehlerhafte Brandschutzplanung als solche nicht erkannt. Diese wurde ohne Korrekturen in dessen Planung übernommen. Das Gericht spricht den Schadenersatzanspruch nur zu 1/3 zu, da sich der Bauherr ein überwiegendes Mitverschulden des Fachplaners für das mangelnde Brandschutzkonzept in Höhe von 2/3 zurechnen lassen müsse.
Dem folgt das OLG nicht! Es spricht dem Bauherren den vollen Schadenersatzanspruch zu, im Wesentlichen mit folgender Begründung: Der Architekt müsse grundsätzlich im Rahmen der konstruktiven Gebäudeplanung auch die Anforderungen an den Brandschutz berücksichtigen. Inwieweit dessen Leistungspflichten in diesem Zusammenhang reichen, sei von der jeweiligen Aufgabenstellung und dem Objekt abhängig. Sowie davon, ob die vom Architekten zu erwartenden Kenntnissen im Einzelfall eine Bearbeitung ermöglichen. Der Architekt sei nur bei seinen Fachkenntnissen offensichtlichen Fehlern verantwortlich. Soweit der Architekt bautechnische Fachkenntnisse haben müsse, werde von diesem aber ein „Mitdenken“ erwartet.
Diese Voraussetzungen hält das OLG im vorliegenden Fall für gegeben. Ein Mitverschulden wegen der Fehlleistung des Fachplaners müsse sich der Bauherr nicht zurechnen lassen. Wenn der Architekt – wie vorliegend – eine eigene Leistung schulde, könne er nicht erwarten, dass der Besteller ihn zur Erfüllung der von ihm geschuldeten Planungsleistung zutreffende Pläne und Unterlagen zur Verfügung stelle. Jedenfalls habe sich der Architekt im Rahmen der von ihm zu erwartenden Kenntnisse zu vergewissern, ob der Sonderfachmann entsprechend der örtlichen Gegebenheiten zutreffende bautechnische Vorgaben gemacht habe. Er müsse „mitdenken“ und könne sich daher nicht auf einen Fehler des Fachplaners berufen.
Anmerkung: Die Entscheidung steht im Einklang mit vorangegangenen Entscheidungen des BGH. Das OLG bestätigt, dass die Einschaltung eines Sonderfachmannes den Architekten nicht uneingeschränkt von dessen Verpflichtung entbindet, zu prüfen, ob der Sonderfachmann zutreffende bautechnische Vorgaben gemacht hat.
Im Rahmen des Innenausgleiches nach § 426 BGB wird der Architekt den mit ihm gesamtschuldnerisch verbundenen Fachplaner Ausgleichsansprüche geltend machen. Da der Fachplaner (im vorliegenden Fall) den überwiegenden Tatbeitrag durch ein fehlerhaftes Brandschutzkonzept geleistet hat, wird dieser dem Architekten den größeren Teil des Schadens zu erstatten haben.
Quelle: IBR 2021, 308
Rechtsanwalt Walther Glaser
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