Häufig wünschen Ehegatten, dass nach dem Tod des Erstversterbenen keines der Kinder einen Pflichtteil fordert und der Nachlass dem überlebenden Ehegatten ungeschmälert und ungestört zusteht. Aus diesem Grund werden in Testamenten sog. Pflichtteilsstrafklauseln vereinbart, wonach das Kind, welches nach dem Tod des Erstversterbenden den Pflichtteil verlangt, auch beim Tod des Letztversterbenden lediglich Pflichtteil erhält. Wenn das Kind den Pflichtteil allerdings nach dem ersten Erbfall nicht geltend macht, wird es Erbe nach dem Letztversterbenden.
Nach allgemeinem Verständnis greift eine solche Klausel bereits dann ein, wenn der
Schlusserbe in objektiver Hinsicht den Pflichtteil nach dem Erstversterbenden ausdrücklich
und ernsthaft fordert und in subjektiver Hinsicht dabei bewusst – in Kenntnis der
Verwirkungsklausel – handelt.
Wenn also ein KInd, welches zunächst seinen Pflichtteilsanspruch geltend gemacht hat, nach Kenntnis der Pflichtteilsstrafklausel von dem Pflichtteilsanspruchs Abstand, ist die Pflichtteilsstrafklausel mangels Vorliegen der subjektiven Komponente nicht verwirkt und das Kind wird dennoch Erbe nach dem Letzverstrbenden.
Das OLG Frankfurt hat allerdings in einem Fall entschieden (OLG Frankfurt NJW-RR 2022, 729), dass für das Eingreifen der Pflichtteilsstrafklauseles nicht ausreichend war, dass das Kind allein Auskunft begehrte. Zwar sei der Erbe auch durch die Erstellung des Nachlassverzeichnisses im Wege der Auskunft schon durch die Auseinandersetzung mit dem Pflichtteilsberechtigten belastet. Der Pflichtteilsberechtigte benötige die Auskunft über den Umfang des Nachlasses, um sich entscheiden zu können, ob er seine Schlusserbeneinsetzung bestehen lassen oder lieber seinen Pflichtteil in Anspruch nehmen möchte. Dies ergebe sich aus dem Gesetz, dort seinen mit dem Auskunftsanspruch in § 2314 BGB und dem Pflichtteilsanspruch in § 2303 BGB zwei unterschiedliche Ansprüche geregelt.
Ob der Pflichtteilsberechtigte zu erkennen gibt, den Pflichtteil ernsthaft geltend machen zu wollen, ist dabei aus der Sicht des Erben unter Zugrundelegung des objektiven Empfängerhorizonts zu beurteilen.
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Tobias Rommelspacher
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