Über die interessante Frage, welches Schallschutzniveau ein Fertighaus aufweisen muss, hatte das OLG Saarbrücken in einer beachtenswerten Entscheidung vom 30.07.2020 zu entscheiden. Es ging um Folgendes:
Ein Besteller schließt mit einem Fertighaushersteller einen Bauvertrag über die Errichtung eines Fertighauses. Das Gebäude soll an einer stark befahrenen Landstraße liegen. Nach Abnahme der Bauwerksarbeiten und weil der Besteller die offene Schlussvergütung nicht leistet, klagt der Fertighausunternehmer diese ein. Der Besteller hält der Vergütungsforderung entgegen, der Schallschutz des Fertighauses gegen den von der Straße ausgehenden Lärm sei unzureichend. Im Wege der Widerklage und nach Aufrechnung reklamiert dieser einen Kostenvorschuss in fünfstelliger Höhe.
In dem über zwei Instanzen geführten Verfahren obsiegt der Besteller weitgehend, indem ihm der Kostenvorschussanspruch zu großen Teilen voll zugesprochen wird. Im Wesentlichen hatte das Oberlandesgericht wie folgt argumentiert:
Der Errichtung eines Fertighauses gerichtete Vertrag sei als Werkvertrag zu qualifizieren. Der geltend gemachte Anspruch wegen Schallmängel sei nicht mangels eines Vorbehaltes zur Abnahme ausgeschlossen. Denn die Probleme eines ungenügenden Schallschutzes seien erst nach Einzug erkennbar gewesen.
Nach den geltenden Bestimmungen des Fertighausvertrages hätte das Gebäude insgesamt mindestens den anerkannten Regeln der Technik entsprechen müssen. Abweichende Vereinbarungen zum Schallschutz hätten sich weder aus dem Vertragstext noch aus den Werbematerialien ableiten lassen. Daher schulde der Fertighaushersteller einen üblichen Qualitäts- und Komfortmaßstab. Dieser lasse sich wiederum nicht aus der DIN 4109 ableiten. Diese bauaufsichtsrechtlich eingeführte Norm schütze allein gegen unzumutbare Beeinträchtigungen. Der übliche Schallschutzmaßstab sei daher im Wege der Vertragsauslegung zu ermitteln.
Im konkreten Fall entspreche der Schallschutz noch nicht einmal dem öffentlich-rechtlichen Mindestschallschutz nach DIN 4109. Als eingesetztem „Fachplaner“ hätte es dem Hersteller oblegen, sich mit dem Bauherrn unter Berücksichtigung der Lage des Baugrundstückes über die schalltechnischen Anforderungen der Regelwerke und deren Konsequenzen eingehend auseinander zu setzen. Dies sei unterlassen worden. Allein die Angabe im Verhandlungsprotokoll, wonach eine „Schallschutzverglasung nicht gewünscht“ sei, reiche nicht aus. Ein fachfremder Bauherr könne eine intensive und sachgerechte Aufklärung und Beratung über die komplexe Materie des Schallschutzes erwarten.
Anmerkung: Will ein Unternehmer von den anerkannten Regeln der Technik „nach unten“ abweichen, muss eine solche Regelung zum einen ausdrücklich erfolgen. Zum anderen muss der Besteller auf die mit der Nichteinhaltung der anerkannten Regeln der Technik verbundenen Risiken und Konsequenzen umfassend hingewiesen werden. Es sei denn, diese wären diesem bekannt oder würden sich ohne Weiteres aus den Umständen ergeben. Eine Vereinbarung in vorformulierten Baubeschreibungen wird hierfür in der Regel nicht ausreichen.
Quellenhinweis: IBR 2020, 639
Rechtsanwalt Walther Glaser
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