Die auf Dachflächen angebrachte Photovoltaikanlagen werden oftmals als störend für das Ortsbild wahrgenommen. Da solche Anlagen nach den meisten Landesbauordnungen verfahrensfrei sind, stellt sich die Frage, ob einem entsprechenden „Wildwuchs“, durch sog. Gestaltungssatzungen begegnet werden kann.
Mit dieser klassischen Konfliktsituation hatte sich die OVG Thüringen in einer Entscheidung vom 21.08.2019 (Az.: 1 K 88/16) zu befassen.
Es ging um Folgendes: Der Eigentümer eines bebauten Grundstückes hatte auf den Dachflächen seines Gebäudes (verfahrensfrei) eine Mehrzahl von Modulen einer Photovoltaikanlage installiert. Das Grundstück ist im Geltungsbereich einer gemeindlichen Gestaltungssatzung gelegen, die spezifisch für Solaranlagen folgende Regelung vorsieht:
„Solaranlagen sind so anzuordnen, dass sie vom angrenzenden öffentlichen Straßenraum aus nicht eingesehen werden können.“
Der Eigentümer hatte (nachträglich) die Erteilung einer Abweichung von der vorgenannten Regelung der Gestaltungssatzung beantragt. Nach Ablehnung erhob dieser erfolglos Klage vor dem Verwaltungsgericht. Auch das Rechtsmittel des Eigentümers blieb erfolglos:
Das OVG konstatierte zunächst, dass Gemeinden zwar bei verfahrensfreien Bauvorhaben Abweichungen von den Anforderungen ihrer örtlichen Bauvorschriften zulassen können. Die konkrete Regelung der Gestaltungssatzung stehe jedoch einer Abweichung entgegen; denn eine Wahrnehmbarkeit sei aus dem Blickwinkel eines durchschnittlichen Betrachters bei Tage von einem Standort im öffentlichen Verkehrsraum gegeben. Bedenken bezüglich der Wirksamkeit der Satzung bestünden nicht; insbesondere sei diese von der Ermächtigungsgrundlage der Landesbauordnung gedeckt. Denn die Regelung diene nicht vorrangig städtebaulichen oder denkmalschützenden Zielen. Schließlich trage die Satzung in Bezug auf die Gebietsabgrenzung und die streitgegenständliche Regelungen auch den Anforderungen des Abwägungsgebotes hinreichend Rechnung. Dieserhalb sei der Gemeinde ein gestalterischer Freiraum einzuräumen.
Anmerkung: Die Entscheidung hat eine nicht geringe praktische Bedeutung. Nach den meisten Landesbauordnungen ist es möglich, diverse bauliche Anlagen genehmigungsfrei zu errichten. Gleichwohl sind Vorschriften des öffentlichen Baurechtes zu beachten, worunter auch (insbesondere) Gestaltungssatzungen fallen. Damit eröffnet sich für die zuständige Baurechtsbehörde auch die Option, ggf. eine Beseitigungsverfügung zu erlassen. Im Einzelfall wird aber stets zu prüfen sein, ob die Satzung korrekt angewendet wurde; insbesondere ein Bezug auf die Möglichkeit einer Abweichung.
Quellenvermerk: IBR 2020,202
Rechtsanwalt Walther Glaser
Fachanwalt für Verwaltungsrecht
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Sekretariat & Durchwahl:
Fr. Hofbauer & Frau Vorderbrüggen, Tel.: 0751 – 36 331 -11 oder -26
Kanzlei & Postanschrift:
Rommelspacher Glaser Prüß Mattes PartG mbB
Fachanwälte | Steuerberater | Mediation
Ravensburg | Wangen | Isny
Eywiesenstraße 6 | D-88212 Ravensburg
Tel: 0751 36 33 1-0 | Fax: 0751 36 33 1-33
E-Mail: info@RoFaSt.de | Homepage: www.RoFaSt.de
Webergasse 12 | 88239 Wangen i. A.
Tel. 07522 91699-66 | Fax 07522 91699-72
Bahnhofstraße 20 | 88316 Isny i. A.
Tel. 07562 8700 | Fax 07562 91 37 41