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Neues BGH-Urteil zum Umfang von Gewährleistungsausschlüssen beim (Gebrauchtwagen-)Kauf

Mit Urteil vom 27.09.2017 – VIII ZR 271/16 hat der BGH nunmehr eine seit Inkrafttreten des neuen Schuldrechts noch nicht abschließend geklärte Frage zur Reichweite von Gewährleistungsausschluss bei Kaufverträgen eindeutig beantwortet:

Es war bereits gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung, dass ein zwischen Vertragsschließenden vereinbarter Gewährleistungsausschluss sich nicht auf Beschaffenheitsvereinbarungen im Sinne von § 434 Abs. 1 S. 1 BGB erstrecken konnte. Eine Beschaffenheitsvereinbarung liegt kurz und vereinfacht gesagt vor, wenn Verkäufer und Käufer sich darauf einigen, dass der Kaufgegenstand eine bestimmte Eigenschaft aufweist. Dies wäre auch ein absurdes Ergebnis gewesen: Der Verkäufer hätte ansonsten vollmundig beliebige Eigenschaften des Kaufgegenstands dem Käufer versprechen können und diese Versprechungen wären gleich danach durch den Gewährleistungsausschluss wertlos geworden.

Ebenso war nicht zweifelhaft, dass ein ordnungsgemäß formulierter Gewährleistungsausschluss aber alle Mängel einschließt, die nicht in einer Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit bestanden; bis auf einen bisher ungeklärten Fall:

Nach § 434 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 u. S. 3 BGB kann auch das Fehlen von Eigenschaften, die der Käufer nach den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers, des Herstellers oder seines Gehilfen insbesondere in der Werbung oder bei der Kennzeichnung über bestimmte Eigenschaften der Sache erwarten kann, einen Mangel darstellen. Bisher war höchstrichterlich nicht geklärt, ob ein Gewährleistungsauschluss auch auf diesen Fall anwendbar war.

Der BGH hat dies nun mit der eingangs zitierten Entscheidung eindeutig bejaht; hier die Zusammenfassung des Sachverhalts:

„Der Bekl. schaltete im Jahr 2015 auf der Onlineplattform mobile.de eine Anzeige über den Verkauf eines gebrauchten Pkw Opel Adam Slam 1.4 ecoFlex mit einer Laufleistung von 5000 km zum Preis von 10.990 Euro. Bei dem zum Verkauf stehenden Fahrzeug handelte es sich aber um einen Pkw Opel Adam Jam 1.4, der eine geringere Ausstattungsvariante als das annoncierte Modell aufwies. Die Variante Slam besitzt serienmäßig größere Felgen, eine Start-Stopp-Automatik, andere Sitzbezüge und einen anderen Motor. Zwar weisen die Motoren beider Ausstattungsvarianten den gleichen Hubraum und die gleiche Leistung auf, der Motor ecoFlex der Variante Slam hat aber einen deutlich niedrigeren Normverbrauch. Zwischen den beiden Ausstattungsvarianten besteht bei einem Neuwagenkauf ein Preisunterschied von 1245 Euro. Nach einer Besichtigung des Fahrzeugs beim Bekl. kaufte der Kl. dieses mit schriftlichem Vertrag vom 29.7.2015, wobei für die Beschreibung des Fahrzeugs in der Vertragsurkunde nur die Herstellerbezeichnung „Opel“ und die Typenbezeichnung „Adam“ ohne einen Hinweis auf eine bestimmte Ausstattungsvariante (Slam oder Jam) verwendet wurden. Der Vertrag enthält folgende Bestimmung:

„Der Verkäufer verkauft hiermit das nachstehend bezeichnete gebrauchte Kraftfahrzeug an den Käufer. Der Verkäufer übernimmt für die Beschaffenheit des verkauften Kraftfahrzeugs keine Gewährleistung.“

Bei einem nach Kauf und Abholung des Fahrzeugs erfolgten Werkstattbesuch wurde der Kl. davon unterrichtet, dass es sich bei dem Pkw um einen Opel Adam Jam handelte. Ein Fahrzeug, welches die Ausstattungsvariante Slam aufwies, ansonsten aber dem vom Bekl. erworbenen Fahrzeug entsprach, wurde von einem anderen Verkäufer auf der Internetplattform eBay zu einem Preis von 12.990 Euro zum Verkauf angeboten. Mit Anwaltsschreiben vom 5.8.2015 forderte der Kl. den Bekl. vergeblich zur Zahlung eines Minderungsbetrags von 2000 Euro auf.“ (NJW 2018, 146, beck-online)

Zur Begründung hat der BGH maßgeblich darauf abgestellt, dass die Eigenschaft „ecoFlex“ zwar in der Online-Anzeige aufgeführt war, im eigentlichen Kaufvertrag aber nciht mehr auftauchte und die Vertragsparteien auch sonst nicht darüber gesprochen hatten; das Gericht hat im Wesentlichen ausgeführt:

„Allein der Umstand, dass der Verkäufer im Vorfeld des Vertragsschlusses eine öffentliche Äußerung über eine bestimmte Eigenschaft der Sache iSv § 434 I 3 BGB abgegeben hat, rechtfertigt es nicht, hieraus abzuleiten, dass sich ein umfassend vereinbarter Haftungsausschluss nicht auf die nach dieser Äußerung geschuldete Beschaffenheit erstreckt. Denn aus dem Empfängerhorizont eines verständigen und redlichen Käufers beansprucht ein im Kaufvertrag vereinbarter umfassender Haftungsausschluss Vorrang vor früher abgegebenen öffentlichen Äußerungen des Verkäufers nach § 434 I 3 BGB, die nicht einmal ansatzweise Erwähnung im Kaufvertrag gefunden haben. Maßgeblich ist der Wille der Parteien zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Ist im Kaufvertrag ein umfassend formulierter Haftungsausschluss vereinbart worden, der keine Ausnahmen vorsieht und sich damit nach seinem Wortlaut auch auf die Gewährleistungsfälle des § 434 I 3 BGB erstreckt, ist die im Vorfeld des Vertragsschlusses abgegebene öffentliche Äußerung des Verkäufers regelmäßig zeitlich und inhaltlich „überholt“.“ (NJW 2018, 146, beck-online)

Mann muss bei diesem Fall zwei Dinge beachten:

Zum einen handelte es sich hier um einen Individualkaufvertrag, also nicht um einen Formularkaufvertrag, der den AGB-Regelungen unterfällt. In der Praxis sind aber viele Kaufverträge eben solche Formularverträge und enthalten oftmals Gewährleistungsausschlüsse, die nciht wirksam sind, weil Sie z.B. die Haftung wegen Vorsatzes oder grobem Verschulden auch gänzlich ausschließen und damit gegen § 309 Nr. 7 b) BGB verstoßen.

Zum anderen wird in den Fällen des § 434 Abs. 1 S. 3 BGB oftmals aber sowieso an eine Beschaffenheitsvereinbarung nach § 434 Abs. 1 S. 1 BGB zu denken sein, womit dann der Gewährleistungsausschluss aus diesem Grunde nicht gilt. Das erklärt letzlich auch, weswegen das oben zitierte BGH-Urteil zu dieser Frage erst 15 Jahre nach Inkrafttreten der Schuldrechtsreform ergangen ist.

Im Ergebnis bleibt es leider dabei, dass  jeder Einzelfall gesondert zu würdigen ist. Sprechen Sie mit Ihrem Rechtsanwalt also die Umstände Ihres Kaufs genau durch – von der Anzeige über die Telefonate und mündlichen Zusicherungen bis zu den genauen Umständen der Vertragsunterzeichnung.

Eugen Kalthoff
Rechtsanwalt

Tätigkeitsschwerpunkte:
privates & öffentliches Baurecht,
Verwaltungsrecht, Nachbarrecht

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