Sog. Groß-Kitas lösen immer wieder Streit über die Zulässigkeit derselben insbesondere in Wohngebieten aus. Diese „Konfliktlage“ war Gegenstand einer Entscheidung des OVG Schleswig-Holstein vom 01.02.2019. Der Sachverhalt:
Der Eigentümer eines Wohngrundstückes im nichtbeplanten Innenbereich wandte sich im Eilverfahren gegen eine Baugenehmigung für den Neubau einer Kindestagesstätte für insgesamt 84 Kinder. Das Bauvorhaben (BV) umfasste auch ein Elterncafé sowie eine Cafeteria. Der Eigentümer vertrat den Standpunkt, die Baugenehmigung verletze seinen Gebietserhaltungsanspruch und das Gebot der Rücksichtnahme. Er beklagt vor allem auch ein erhöhtes Verkehrsaufkommen durch das Bringen und Abholen der Kinder und die damit verbundenen Lärmbelästigungen der Wohnanlieger. Aufgrund dessen sei die Kita nicht wohngebietsverträglich.
Der Antrag blieb erfolglos. Das OVG konnte dabei offen lassen, ob das Gebiet planungsrechtlich als Reines oder (nur) Allgemeines Wohngebiet zu qualifizieren ist. Denn aus Sicht des Obergerichtes verstoße eine Kindertagesstätte in dieser Größenordnung auch in einem Reinen Wohngebiet nicht gegen den Gebietserhaltungsanspruch. Vielmehr könne diese dort im Wege einer Ausnahme als Anlage für soziale Zwecke zugelassen werden. Dies umfasse auch die Annex-Nutzung als Elterncafé / Cafeteria.
In der Abwägung sei zugunsten des BV zu sehen, dass Kinderlärm aufgrund der gesetzgeberischen Wertung im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung darstelle. Auch hätten die Orientierungswerte der TA‑Lärm zur Beurteilung der Zumutbarkeit der Lärmbeeinträchtigung nicht herangezogen werden können, weil dieses Regelwerk auf Anlagen für soziale Zwecke keine Anwendung finde. Aus diesen Wertungen ergebe sich folgerichtig, dass mit Kindertagesstätten verbundene Auswirkungen, wie Kinderlärm oder Verkehrsimmissionen, grundsätzlich von den Nachbarn hinzunehmen seien.
Anmerkung: Das OVG hat in seiner Entscheidung mustergültig die gesetzlichen Wertungen herausgearbeitet, was auch erforderlich war, um zu begründen, weshalb auch eine „große“ Kita mit gebietsübergreifendem Einzugsbereich nicht mit dem Charakter eines Reinen Wohngebietes kollidiert.
Es wird abzuwarten sein, ob sich diese Rechtsprechung etabliert.
Quelle: IBR 06, 346
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Walther Glaser
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