Über folgende Konstellation hatte das OLG Hamm in einer Entscheidung vom 30.04.2019 (24 U 14/18) zu entscheiden:
Ein Generalunternehmer (GU) wird mit der Erweiterung eines als Bürogebäude genutzten Fachwerkhauses beauftragt. Vereinbart ist auf der Grundlage eines VOB/B-Vertrages eine förmliche Abnahme. Dem Abnahmeverlangen des Bauherrn nach Beendigung der Bauwerksarbeiten tritt der Auftraggeber (AG) mit Hinweis auf erhebliche Restarbeiten/Mängelbehauptungen entgegen.
Trotz Nacharbeiten des GU lehnt der AG die Abnahme weitergehend ab und macht ein Zurückbehaltungsrecht geltend; hilfsweise erklärt dieser die Aufrechnung mit Vorschuss- und Schadenersatzansprüchen gegen die zwischenzeitlich erstellte Schlussrechnung.
Die Zahlungslage des GU weist das Landgericht ab, mit der Argumentation, es fehle an einer förmlichen Abnahme. Auch könne nach Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens nicht von einer Abnahmereife ausgegangen werden.
Hiergegen wendet sich die Berufung des GU – u.a. mit der Argumentation, dass der Erfüllungsanspruch des AG verjährt sei.
Die Entscheidung:
Die Berufung bleibt erfolglos. Zwar ist es richtig, dass der Erfüllungsanspruch (§ 631 Abs. 1 BGB) grundsätzlich in der Regelfrist nach 3 Jahren (§ 195, 199 BGB) verjähre, womit im vorliegenden Fall Verjährung eingetreten wäre. Allerdings könne der Erfüllungsanspruch nicht vor Ablauf des Nacherfüllungsanspruches verjähren; jedenfalls (nicht) im Falle der Schlechterfüllung. Mit Abnahme wandle sich der Erfüllungsanspruch in einen Nacherfüllungsanspruch um (§ 635 BGB), und wäre dann wieder durchsetzbar. Es sei aber unbillig, dass der AG ein mangelhaftes Werk abnehmen müsse, um einen zuvor nicht mehr durchsetzbaren Erfüllungsanspruch als Nacherfüllungsanspruch weiterverfolgen zu können. Es könne ihm auch nicht zugemutet werden, hinsichtlich des Erfüllungsanspruches Maßnahmen zur Hemmung der Verjährung einzuleiten.
Anmerkung:
Die Rechtsfrage ist bislang nicht vom BGH entschieden, weshalb das OLG Hamm die Berufung zugelassen hat (BGH VII ZR 108/19).
Ob die Abnahme nach Eintritt der Verjährung des Erfüllungsanspruches dazu führt, dass Nacherfüllungsansprüche durchsetzbar sind, bleibt mit Spannung zu erwarten. Umgekehrt ließe sich auch argumentieren, wo der Erfüllungsanspruch nicht mehr durchsetzbar ist, könnte das gleiche auch für den Nacherfüllungsanspruch gelten. Auch dass die aktive Verfolgung von Primäransprüchen eine unbillige Belastung für den Bauherrn darstelle, ist vor dem Hintergrund der neueren Rechtsprechung des BGH zum sog. fiktiven Schaden nicht ausgemacht.
Quellenangabe: IBR 2019, 425
Rechtsanwalt Walther Glaser
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