Bei der Regulierung von Fahrradunfällen wird von den Unfallverursachern bzw. deren Haftpflichtversicherer immer wieder die Frage einer Mitschuld thematisiert, wenn der beim Unfall verletzte Radfahrer keinen Fahrradhelm getragen hat, da sich in den zurückliegenden Jahren die Akzeptanz von Fahrradhelmen grundsätzlich erhöht hat. Der Gesetzgeber hat eine entsprechende Helmpflicht für Fahrradfahrer – zumindest bislang – nicht angeordnet; lediglich für Motorradfahrer wurde die Schutzhelmpflicht bereits 1976 eingeführt und wird zwischenzeitlich in § 21a Abs.2 StVO näher dahingehend konkretisiert, dass Fahrer und Beifahrer von Krafträdern oder offenen drei- oder mehrrädrigen Kraftfahrzeugen mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von über 20 km/h während der Fahrt einen geeigneten Schutzhelm tragen müssen.
Da eine gesetzlich normierte Pflicht für Fahrradfahrer zum Tragen eines Fahrradhelms nicht besteht, hat die bisher vorherrschende Rechtsprechung einen aus dem Nichttragen eines Schutzhelms resultierenden Vorwurf des Mitverschuldens gegenüber „normalen“ Radfahrern verneint. Anders sieht es die Rechtsprechung allerdings bei Rennradfahrern, die das Radfahren – und sei es auch nur hobbymäßig außerhalb eines Vereins- als Sport betreiben. Bei dieser Gruppe von Radfahrern soll nämlich die Erzielung hoher Geschwindigkeiten im Vordergrund stehen, wodurch naturgemäß ein gesteigertes Unfallrisiko und damit auch eine beträchtliche Steigerung der Eigengefährdung angenommen werden. Aus diesem Grund trifft den sporttreibenden Rennradfahrer nach der Rechtsprechung die Obliegenheit zum Tragen eines Schutzhelms, was bei einem Verstoß gegen diese Helmpflicht zu einem Mitverschulden führen kann.
Ob eine solche Obliegenheit zum Eigenschutz nicht doch auch im Alltagsradverkehr angenommen werden muss, hatte jüngst das OLG Nürnberg zu beurteilen, nachdem beim zu entscheidenden Verkehrsunfall vom Unfallschädiger der Einwand erhoben wurde, dass die fahrradfahrende Klägerin als Geschädigte beim Unfall keinen Helm getragen und dadurch schwere Kopfverletzungen erlitten hat. Hier hat das OLG Nürnberg in seinem Urteil vom 28.8.2020 (13 U 1187/20) seine bisherige Rechtsauffassung erneut bestätigt, wonach das Nichttragen eines Helms zumindest im Alltagsradverkehr nach wie vor kein Mitverschulden des verletzten Radfahrers begründet. So bestehe nach Auffassung des Gerichtes eine allgemeine Verkehrsauffassung des Inhalts, dass Radfahren eine Tätigkeit darstellt, die generell derart gefährlich ist, dass sich nur derjenige verkehrsgerecht verhält, der einen Helm trägt, weiterhin nicht.