In der digitalisierten Welt verändern sich auch die rechtlichen Rahmenbedingungen für Eheschließungen. Besonders im Fokus steht dabei die sogenannte Online-Ehe, bei der Paare sich in Deutschland in einer Videokonferenz standesamtlich trauen lassen – eine Praxis, die in den letzten Jahren immer häufiger vorkommt.
Was sagt die Rechtsprechung dazu?
Ende letzten Jahres hat der Bundesgerichtshof (BGH) eine wichtige Entscheidung getroffen (FamRZ 2025, 97). Er stellte klar: Eine Online-Ehe, bei der sich ein verschiedengeschlechtliches Paar in Deutschland aufhält, während der Standesbeamte im Ausland per Videokonferenz zugeschaltet ist, gilt rechtlich als Inlandsehe. Das bedeutet, dass die formalen Anforderungen des deutschen Rechts erfüllt sein müssen. Da eine solche Online-Ehe nach deutschem Recht gemäß § 1310 Abs. 1 S. 1 BGB formunwirksam ist, ist sie grundsätzlich nicht rechtsgültig.
Und was bedeutet das für die Praxis?
Trotz dieser formalen Unwirksamkeit hat das Verwaltungsgericht Berlin (Urteil vom 11.3.2025 – VG 29 K 101/24) im März 2025 eine bemerkenswerte Entscheidung getroffen (FamRZ 2025, 1430). Das Gericht erkannte einem Drittstaater, der eine solche Online-Ehe mit einer bulgarischen Staatsangehörigen geschlossen hatte, ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht an. Das Gericht betonte, dass es in diesem Einzelfall die besonderen Umstände berücksichtigt hat und die Ehe nach bulgarischem Recht wirksam zustande kam.
Warum ist das wichtig?
Diese Entscheidung zeigt, dass das Unionsrecht – insbesondere die Freizügigkeit innerhalb der Europäischen Union – Einfluss auf die Bewertung solcher Ehen hat. Das EuGH hat in ähnlichen Fällen (z.B. der bekannten Entscheidung „Coman“) klargestellt, dass das Recht auf Freizügigkeit auch für Ehepartner gilt, die in einer Online-Ehe verbunden sind. Das bedeutet: Auch wenn die Ehe nach deutschem Recht formell unwirksam ist, kann sie in Bezug auf das Aufenthaltsrecht in der EU anerkannt werden, um die Freizügigkeit zu schützen.
Fazit
Die Rechtsprechung entwickelt sich weiter und berücksichtigt zunehmend die Realität digitaler Ehen. Für Betroffene bedeutet das: Auch wenn eine Online-Ehe nach deutschem Recht formell unwirksam sein sollte, kann sie unter bestimmten Umständen dennoch Auswirkungen auf das Aufenthaltsrecht haben – insbesondere im Kontext der Freizügigkeit innerhalb der EU.
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Antje Rommelspacher
-Rechtsanwältin – Fachanwältin für Familienrecht – Mediatorin
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