Der Streit um geschotterte Flächen im Hausgarten
Ein Grundstückseigentümer hatte in seinem Hausgarten vier größere Flächen mit Schotter versehen und diese zusätzlich mit Unkrautvlies abgedeckt. Die zuständige Baurechtsbehörde ordnete die Beseitigung der Schotterflächen und ihre Renaturierung an.
Dagegen erhob der Eigentümer Klage vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart (Urt. v. 27.01.2025 – 6 K 4450/24). Er vertrat die Auffassung, es handele sich dennoch um zulässige Grünflächen und die behördliche Anordnung sei zu unbestimmt. Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab. Im anschließenden Verfahren auf Zulassung der Berufung vor dem VGH Baden-Württemberg (Beschl. v. 12.05.2025 – 8 S 388/25) hatte der Eigentümer ebenfalls keinen Erfolg.
Was das Baurecht vorschreibt
Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 der Landesbauordnung Baden-Württemberg (LBO) müssen nicht überbaute Flächen bebauter Grundstücke grundsätzlich als Grünflächen angelegt oder erhalten werden, soweit sie nicht für eine andere zulässige Nutzung benötigt werden. Ziel ist, Versiegelungen zu vermeiden, das Ortsbild zu erhalten und die Artenvielfalt zu fördern.
Zusätzlich enthält § 21a des Landesnaturschutzgesetzes (LNatSchG) Bestimmungen, die die ökologische Funktion solcher Flächen absichern:
„Es ist darauf hinzuwirken, dass Gartenanlagen insektenfreundlich gestaltet werden und Gartenflächen vorwiegend begrünt werden. Schotterungen zur Gestaltung von privaten Gärten sind grundsätzlich keine andere zulässige Verwendung im Sinne des § 9 Absatz 1 Satz 1 LBO. Gartenflächen sollen ferner wasseraufnahmefähig belassen oder hergestellt werden.“
Besonders in den Fokus geraten sind damit Schottergärten, da sie Lebensräume für Insekten verdrängen, den Boden versiegeln und sich negativ auf das Mikroklima auswirken können.
Worauf die Gerichte ihre Entscheidung stützten
Das Verwaltungsgericht Stuttgart wies die Klage ab und stellte maßgeblich darauf ab, dass die Flächen zwar punktuell eine sichtbare Begrünung aufwiesen, aber optisch klar von Schotter dominiert waren. Hinzu kam die Verwendung des Unkrautvlieses, das den Boden abdichtet und das Durchwachsen von Pflanzen weitgehend verhindert. Eine wertende Gesamtbetrachtung ergab daher, dass es sich nicht um eine Grünfläche im Sinne der Vorschriften handelte.
Das Gericht stellte zunächst fest, dass es sich um vier einzelne Bereiche auf dem Grundstück handelte, die nahezu vollständig mit grobem Schotter bedeckt und mit Vlies unterlegt waren. Zwar waren auf diesen Flächen einzelne Pflanzen vorhanden, teils in Pflanzgefäßen, teils in kleinen Zwischenräumen, doch nach Überzeugung des Gerichts prägte der Steinbelag das Gesamtbild. Der Einsatz des Vlieses verhinderte zudem weitgehend das natürliche Durchwachsen von Vegetation und führte faktisch zu einer teilweisen Versiegelung des Bodens.
Für die rechtliche Würdigung war daher entscheidend, dass die Flächen insgesamt nicht mehr als Grünflächen im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 1 der Landesbauordnung Baden-Württemberg anzusehen waren. Nach dieser Vorschrift müssen nicht überbaute Flächen grundsätzlich als Grünflächen angelegt oder erhalten werden, um die ökologische Funktionsfähigkeit und das städtebaulich gewünschte Erscheinungsbild zu sichern. Das Gericht wies darauf hin, dass es nicht genügt, lediglich einzelne Pflanzen vorzuhalten, wenn der Boden überwiegend mit Materialien abgedeckt ist, die eine natürliche Begrünung verhindern. Maßgeblich sei eine Gesamtbetrachtung, bei der die Flächen dauerhaft eine durchgrünte Prägung aufweisen müssen. Da der Eigentümer das Unkrautvlies gezielt eingesetzt hatte, um Bewuchs zu unterbinden, und der Schotter im Ergebnis ein einheitliches, steinernes Erscheinungsbild erzeugte, waren die gesetzlichen Anforderungen nach Auffassung des Gerichts nicht erfüllt.
Darüber hinaus sah das Gericht die geschotterten Bereiche als bauliche Anlagen im Sinne des § 2 Abs. 1 LBO an. Denn durch die Verbindung des Untergrundes mit dem Vlies und die aufgebrachte Schicht Schotter entstand eine ortsfeste Bodenveränderung, die geeignet war, die Nutzung des Grundstücks zu beeinflussen und städtebauliche Belange zu berühren. Somit unterlagen die Flächen auch in dieser Hinsicht den öffentlich-rechtlichen Anforderungen.
Der Eigentümer hatte eingewandt, die Verfügung sei unbestimmt, weil nicht konkret vorgegeben werde, welche Pflanzen zu setzen seien oder wie die Fläche im Einzelnen zu gestalten sei. Dies sah das Gericht anders: Es sei für einen verständigen Bürger ausreichend klar, dass der Schotter und das Vlies zu entfernen und die Flächen so wiederherzustellen seien, dass eine überwiegende Begrünung ermöglicht werde. Eine detaillierte Pflanzliste oder Angaben zur konkreten Pflanzdichte seien nicht erforderlich, da sich die Anforderungen bereits aus dem Gesetz und dem Ziel der Regelung ergäben.
Ebenso folgte das Gericht nicht dem Argument, der übrige Garten sei weitgehend begrünt und die Flächen daher unproblematisch. Nach Auffassung der Kammer ist jede nicht überbaute Teilfläche für sich zu beurteilen. Eine Kompensation durch andere Grundstücksteile sei nicht vorgesehen. Schließlich stellte das Verwaltungsgericht Stuttgart fest, dass keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Anordnung bestünden. Auch der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat die Entscheidung in dem Verfahren über die Zulassung der Berufung bestätigt, weil keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils vorlagen.
Im Ergebnis war daher der Eigentümer verpflichtet, den ursprünglichen Zustand als Grünflächen wiederherzustellen.
Rechtsschutzmöglichkeiten bei behördlichen Anordnungen
Gegen eine Rückbau- oder Renaturierungsanordnung können Betroffene zunächst Widerspruch einlegen. Wird diesem nicht abgeholfen, besteht die Möglichkeit der Klage vor dem Verwaltungsgericht. Bei einer ablehnenden Entscheidung kann unter bestimmten Voraussetzungen die Berufung eingelegt oder deren Zulassung beantragt werden.
Wichtig ist, die gesetzlichen Fristen einzuhalten: Für den Widerspruch beträgt sie in der Regel einen Monat nach Bekanntgabe des Bescheids. Auch nach gerichtlicher Entscheidung ist genau zu prüfen, ob ein Rechtsmittel (z.B. Antrag auf Zulassung der Berufung) sinnvoll und aussichtsreich ist.
Handlungsempfehlungen zur Vermeidung solcher Konflikte
Grundstückseigentümer sollten vor der Anlage von Schotterflächen oder ähnlichen Gestaltungen prüfen, ob solche Maßnahmen mit den baurechtlichen und naturschutzrechtlichen Vorgaben vereinbar sind. Besonders in Baden-Württemberg wird die Anlage reiner Schottergärten regelmäßig als unzulässig angesehen, wenn keine hinreichende Durchgrünung erfolgt.
Wer bereits Schotterflächen angelegt hat, sollte frühzeitig das Gespräch mit der zuständigen Behörde suchen, um eventuelle Nachbesserungen (z.B. Entfernung des Vlieses, Pflanzung standortgerechter Begrünung) abzustimmen. Dies kann spätere Rückbauanordnungen vermeiden und zusätzliche Kosten verhindern.
Auf jeden Fall sind die Bau- und Naturschutzbehörden für diese Thematik sensibilisiert und eine „Aufdeckung“ etwaiger Missstände und Verstöße gegen die dargestellten Normen werden immer wahrscheinlicher.
Wenn Sie Fragen zur Zulässigkeit von Schotterflächen oder ähnlichen Gartengestaltungen haben oder gegen eine behördliche Anordnung vorgehen möchten, stehen wir Ihnen mit unserer Erfahrung im Bau- und Verwaltungsrecht gerne zur Verfügung. Hierzu berät sie Rechtsanwalt Raphael Beck und vertritt Sie erforderlichenfalls gegenüber Behörden und Gerichten.
Raphael Beck
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