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Wann ist ein Bebauungsplan erforderlich?

Die Frage, wann ein Bebauungsplan erforderlich ist, stellen sich nicht nur Personen, die in die kommunale Bauleitplanung involviert sind, wie z.B. Gemeinderäte, Verwaltung, Umweltverbände und interessierte Bürger, sondern auch die im Plangebiet wohnenden Personen sowie solche, die ein Bauvorhaben verwirklichen wollen.

Das Verwaltungsgericht Sigmaringen hatte in einer jüngeren Entscheidung (Urteil vom 18.04.2024) darüber zu befinden, ob ein Bebauungsplan aus städtebaulicher Hinsicht erforderlich war oder nicht.

Die Einteilung der bebaubaren Fläche

Hintergrund ist, dass das Bundesgebiet bauplanungsrechtlich in drei Zonen eingeteilt ist: Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans (§ 31 BauGB) richtet sich die Zulässigkeit eines Bauvorhabens danach, ob es mit dessen Festsetzungen im Einklang steht. Die überwiegende Fläche des Landes befindet sich aber nicht in einem „beplanten“ Gebiet. Dann ist zu differenzieren: Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile liegt der sogenannte Innenbereich (§ 34 BauGB). Ob ein Vorhaben zulässig ist, bemisst sich daran, ob es sich nach seiner Art und dem Maß in die Umgebungsbebauung einfügt. Befindet sich das Vorhabengrundstück weder im Geltungsbereich eines Bebauungsplans noch im Innenbereich, liegt es im Außenbereich (§ 35 BauGB). Nach dem Willen des Gesetzgebers soll der Außenbereich grundsätzlich von Bebauung freigehalten werden. Daher sind nur gesetzlich privilegierte Vorhaben, zum Beispiel solche mit Bezug zur Landwirtschaft, im Außenbereich zulässig. Eine reine Wohnnutzung oder gewerbliche Nutzung eines Außenbereichsgrundstücks scheidetregelmäßig aus.

Erforderlichkeit eines Bebauungsplans

Beabsichtigt ein Bauherr, ein Vorhaben zu verwirklichen, welches mit den Bestimmungen des geltenden Bebauungsplans nicht im Einklang steht, sich nicht in die Umgebungsbebauung einfügt oder im Außenbereich nicht privilegiert wäre, kann die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens durch Änderung/Aufstellung eines Bebauungsplans herbeigeführt werden. Dann richtet sich die Zulässigkeit nur nach dessen Festsetzungen.

Allerdings sieht das Baugesetzbuch – um Willkür vorzubeugen – mehrere Voraussetzungen vor, damit ein Bebauungsplan erlassen werden kann. Eine davon ist die sogenannte „Erforderlichkeit“. Die Bestimmung des § 1 Abs. 3 BauGB geht in zwei Richtungen: Der Bebauungsplan ist aufzustellen, soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Umgekehrt darf er aber nicht aufgestellt werden, wenn er für diese Zwecke nicht erforderlich ist. Ein Anspruch auf Aufstellung eines Bebauungsplans besteht jedenfalls nie.

Die Entscheidung

Nach dem Verwaltungsgericht Sigmaringen ist ein Bebauungsplan dann nicht erforderlich, wenn für die Festlegung des räumlichen Geltungsbereichs eines Plangebiets städtebaulich nachvollziehbare Gründe fehlen und die Abgrenzung des Plangebiets willkürlich erscheint.

Im zu entscheidenden Fall befand das Verwaltungsgericht, dass vernünftige städtebauliche Gründe für die Überplanung fehlten; die Festlegung des räumlichen Geltungsbereichs sei in Anbetracht des dem gemeindlichen Planungskonzept zugrunde liegenden Planungswillens und der vorhandenen Bebauung beider Straßenseiten inkonsistent und nicht nachvollziehbar. Damit verletze der Bebauungsplan das Gebot der städtebaulichen Rechtfertigung. Vorliegend waren die im Bebauungsplan festgesetzten Planungsziele einer angemessenen und der Topographie sowie dem Straßenverlauf angepassten Abwicklung, die durch eine Festlegung der Gebäudehöhe erreicht werden sollte, widersprüchlich und erweckten bei Einnahme eines Augenscheins den Eindruck, zufällig gewählt zu sein.

Grund dafür war auch, dass die Bebauung auf beiden Seiten der Straßen derart unterschiedlich war, sodass sich die Zusammenlegung in einem einzigen Baugebiet als Verkennung der örtlichen Gegebenheiten darstellte, da bei richtiger Betrachtung eigentlich zwei unterschiedliche Baugebiete vorlagen. Zudem gab es Anhaltspunkte, die auf eine Negativplanung hindeutete.

Negativplanung

Auch wenn das Verwaltungsgericht die Frage, ob die Gemeinde mit Aufstellung des Bebauungsplans die Intention einer „Negativplanung“ verfolgte, letztlich offen lassen konnte, sind derartige Tendenzen in der Praxis immer wieder zu beobachten. Negativplanung bedeutet, dass der Bebauungsplan nicht die Erweiterung und/oder Vereinheitlichung von Gestaltungsmöglichkeiten vorsieht, sondern ganz zielgerichtet die Verhinderung von – gegebenenfalls schon konkret geplanten – Einzelvorhaben bezweckt.

Als Beispiel: erfährt eine Gemeinde davon, dass ein bestimmtes Vorhaben verwirklicht werden soll und stellt sie angesichts dieser Tatsache einen Bebauungsplan auf, der nur zum Inhalt hat, dieses Vorhaben unzulässig zu machen, ohne dass hierfür städtebauliche Gründe vorliegen, liegt eine Negativplanung nahe. In solchen Fällen fehlt es regelmäßig an einer Erforderlichkeit für die Aufstellung des Bebauungsplans.

Ebenfalls nicht erforderlich sind Bebauungspläne, die ausschließlich privaten Interessen dienen wollen und die sich aufgrund tatsächlicher oder rechtlicher Gegebenheiten nicht umsetzen lassen.

Folgen der fehlenden Erforderlichkeit

Ein Bebauungsplan, der trotz fehlender Erforderlichkeit aufgestellt wurde, ist nichtig. Er entfaltet keine Rechtswirkungen und muss von Behörden und Gerichten bei der Prüfung der Zulässigkeit eines Bauvorhabens nicht berücksichtigt werden. Das bedeutet, dass im vorgesehenen Geltungsbereich wieder der Ursprungszustand gilt und sich die Genehmigungsfähigkeit eines Vorhabens nach den oben dargestellten allgemeinen Vorschriften richtet.

Die in die Planaufstellung einbezogenen Personen sind also gut beraten, sich hierbei nicht von persönlichen Interessen leiten zu lassen, sondern stets die städtebauliche Erforderlichkeit als Rechtfertigung für den Erlass eines Bebauungsplans vor Augen zu halten.

Für die vom Plan Betroffenen bedeutet dies, dass im Einzelfall genau nachgeforscht werden sollte, ob es Anhaltspunkte dafür gibt, dass der Bebauungsplan entweder lediglich die Verhinderung eines Vorhabens bezweckt oder ausschließlich privaten Interessen dient. In diesen Fällen kann es erfolgversprechend sein, den Bebauungsplan gerichtlich überprüfen zu lassen.

Zu der Frage, welche Vorgehensweise zu empfehlen ist und welche Gründe im Einzelfall vorgebracht werden könnten, die zur Nichtigkeit des Bebauungsplans führen könnten, berät sie Rechtsanwalt Raphael Beck gerne und vertritt Sie erforderlichenfalls gegenüber Behörden und Gerichten.

Raphael Beck
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