Bis zu welchem Umfang muss ein Mieter Modernisierungsmaßnahmen dulden? Mit dieser spannenden Frage hatte sich der Bundesgerichtshof nun zu beschäftigen (BGH, Beschluss vom 21. November 2017 – VIII ZR 28/17).
Im Kern steht hinter diesem Problem im konkreten Fall aber auch der nicht von der Hand zu weisende Versuch seitens des Vermieters durch sehr umfassende bauliche Veränderungen, die vom BGH nicht mehr als Modernisierungsmaßnahmen angesehen wurden, die Miete deutlich zu erhöhen – weit mehr als dies grundsätzlich aufgrund der gesetzlichen Kappungsgrenze von 20 % denkbar wäre.
Die geplanten Maßnahmen umfassen im konkreten Fall:
- die Anbringung einer Wärmedämmung an der Fassade, am Dach und an der Bodenplatte,
- den Austausch der Fenster und Türen,
- den Einbau leistungsfähiger Elektrostränge im Bereich des Schornsteins,
- die Verlegung von Leitungen unter Putz,
- die Veränderung des Zuschnitts der Wohnräume und des Bads,
- die Entfernung der vorhandenen Heizung und den Einbau einer neuen Gasetagenheizung,
- den Ausbau der vorhandenen Sanitärobjekte im Bad und den Einbau einer neuen Badewanne und einer neuen Dusche,
- eine neue Verfliesung des Bodens und die Herstellung von Anschlüssen für eine Spülmaschine beziehungsweise eine Waschmaschine,
- die Errichtung eines Wintergartens mit Durchbruch zur neu entstehenden Wohnküche,
- die Entfernung der Drempelwände,
- den Ausbau des Spitzbodens über dem Obergeschoss,
- die Herstellung einer Terrasse,
- die Herausnahme des Bodens im Hauswirtschaftsraum,
- die Tieferlegung des Bodenniveaus,
- die Einbringung einer neuen Treppe
- sowie Instandsetzungsmaßnahmen an den Fenstern, der Klingel- und Schließanlage, den Innentüren, an den Kaltwasserleitungen, der Treppe zum Obergeschoss und an dem Abwasseranschluss.
Die Kaltmiete soll sich infolge der Maßnahmen von knapp über 450 € auf fast 2.450 € monatlich erhöhen.
Eine Modernisierungsmaßnahme zeichnet sich nach ständiger Rechtsprechung des BGH aber dadurch aus, dass sie einerseits über die bloße Erhaltung des bisherigen Zustands (vgl. § 555a BGB) hinausgeht, andererseits aber die Mietsache nicht so tiefgreifend verändert, dass etwas komplett Neues entsteht.
Im vorliegenden Fall umfasste die Modernisierungsankündigung aber neuneinhalb eng beschriebene Seiten mit so weitgehenden Modernisierungsmaßnahmen, dass die ursprüngliche Mietsache anschließend nicht mehr wieder zu erkennen wäre. Die geplanten Maßnahmen kommen im Ergebnis somit fast einem Abriss und Neubau gleich.
Besonders wichtig ist aus Vermieter-Sicht zudem eine weitere Randbemerkung des Bundesgerichtshofs, der nämlich die geforderten Maßnahmen auch deshalb ablehnt, weil nicht erkennbar sei, dass einzelne, möglicherweise zulässige Maßnahmen auch isoliert umgesetzt werden sollen.
Im Umkehrschluss bedeutet dies nach unserem Verständnis des Urteils, dass bei einer klageweisen Durchsetzung von Modernisierungsmaßnahmen jeweils abgrenzbare Einzelmaßnahmen auch als solche zur Duldung beantragt werden müssen. Denn ansonsten könnte möglicherweise ein Gesamtprojekt schon allein daran scheitern, dass eine einzige Maßnahme daraus nicht mehr als Modernisierung qualifiziert wird und, weil nur auf Duldung der Gesamtmaßnahme geklagt wurde, insgesamt die Klage dann abgewiesen wird.
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