Gemäß § 21a StVO sind vorgeschriebene Sicherheitsgurte in einem Fahrzeug während der Fahrt von allen Fahrzeuginsassen anzulegen; Abs. 1 S. 1 enthält dabei eine allgemeine Gurtpflicht während der Fahrt, sofern nicht von der Straßenverkehrsbehörde gemäß § 46 Abs. 1 S. 1 Nr. 5b eine Ausnahmegenehmigung erteilt wurde. Die Anschnallpflicht besteht auch bei kurzzeitigem verkehrsberuhigtem Halten, da dies den Vorgang der Fahrt nicht unterbricht. Ein Verstoß gegen diese Anschnallpflicht kann nach der Rechtsprechung bei Unfällen eine Mitschuld nach § 254 BGB begründen, d.h. einem Kfz-Insassen, der den Sicherheitsgurt nicht anlegt, fällt grundsätzlich ein Mitverschulden (§ 254 Abs. 1 BGB) an seinen infolge der Nichtanlegung des Gurtes erlittenen Unfallverletzungen zur Last , wobei eine anspruchsmindernde Mithaftung nach bisheriger Auffassung nur eintritt, wenn im Einzelfall festgestellt wurde, dass nach der Art des Unfalls die erlittenen Verletzungen tatsächlich verhindert worden oder zumindest weniger schwerwiegend gewesen wären, wenn der Verletzte zum Zeitpunkt des Unfalls angeschnallt gewesen wäre (so u.a. BGH NJW 2012, 2027 = DAR 2012, 386 = zfs 2012).
Nach einem Grundsatzurteil des OLG Rostock vom 25.10.2019 (Az. 5 U 55/17) soll es bei der Feststellung des Mitverschuldensanteils nun nicht mehr allein darauf ankommen, welche Verletzungen beim nicht angeschnallten Beifahrer nicht eingetreten wären. So hatte das erstinstanzliche Landgericht die Klage einer nicht angeschnallten Beifahrerin auf ein höheres Schmerzensgeld und eine Schmerzensgeldrente mit der Begründung abgewiesen, dass sie einen wesentlichen Teil ihrer Verletzungen nicht erlitten hätte, wenn sie ordnungsgemäß angeschnallt gewesen wäre. Dies hat das OLG Rostock differenzierter gesehen, indem es bei der Berechnung des Mitverschuldensanteils nicht ausreiche, nur auf die Verletzungen abzustellen, die ein Anschnallen verhindert hätte. Vielmehr seien nach Auffassung des Berufungsgerichtes eine Gesamtbetrachtung der Schadensentstehung und eine Abwägung aller Umstände vorzunehmen. Dies führte hier aufgrund einer erheblichen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit durch den Unfallverursacher dazu, dass dieser den Unfall zum überwiegenden Teil verschuldet hatte und der verunfallten Beifahrerin lediglich einen Mithaftungsanteil von 1/3 bzgl. sämtlicher Schadensersatzansprüche angelastet wurde.