Will ein getrenntlebender Elternteil mit den gemeinsamen Kindern in Corona-Zeiten nach Mallorca in die Ferien fliegen, braucht er dafür die Zustimmung des anderen mitsorgeberechtigten Elternteils. Dies hat das Oberlandesgericht Braunschweig am 30.07.2020 entschieden. Denn in Corona-Zeiten handele es sich bei einer solchen Flugreise nicht mehr um eine Angelegenheit des täglichen Lebens.
Die Mutter hatte in den Sommerferien eine Flugreise nach Mallorca mit den beiden gemeinsamen Kindern gebucht. Der Vater war damit nicht einverstanden. Über Auslandsreisen, auch mit dem Flugzeug, kann grundsätzlich der jeweils betreuende Elternteil allein entscheiden, wenn die Reise nicht mit Nachteilen oder Gefahren für das Kind verbunden ist.
Das OLG hat entschieden, dass dafür nunmehr die Zustimmung des anderen mitsorgeberechtigten Elternteils erforderlich ist. Denn in Corona-Zeiten sei die Flugreise eines getrenntlebenden Elternteils mit den gemeinsamen Kindern keine Angelegenheit des täglichen Lebens (§ 1687 Abs. 1 Sätze 2 und 3 BGB) mehr. Eine Flugreise ins Ausland müsse daher durch beide sorgeberechtigten Elternteile gemeinsam entschieden werden.
Auch wenn keine Reisewarnung für das Urlaubsziel bestehe, führe die Ausbreitung von COVID-19 weiterhin zu Einschränkungen im internationalen Luft- und Reiseverkehr und zu Beeinträchtigungen des öffentlichen Lebens. Hinzu komme, dass nach wie vor die Lockerungen der Beschränkungen nur auf Probe erfolgt seien und keine Planungsverlässlichkeit bezüglich eines gebuchten Rückfluges gewährleistet sei. Wenn es erneut zu staatlich notwendigen Reaktionen auf Ausbrüche des Virus komme, bestehe die Gefahr längerer Quarantänen oder eines Festsitzens im Ausland. Das könne zu einer erheblichen Belastung für das seelische Wohlbefinden eines Kindes führen. Überdies gebe es weiterhin Unsicherheiten über die Infektionswege. Deshalb sei auch das Risiko einer Ansteckung bei Flugreisen unklar.
Können sich die Eltern nicht einigen, kann das Familiengericht auf Antrag einem Elternteil die Entscheidungsbefugnis übertragen. Dabei muss sich das Familiengericht an dem Kindeswohl im konkreten Einzelfall orientieren und die Entscheidungsbefugnis auf den Elternteil übertragen, dessen Lösungsvorschlag dem Wohl des Kindes besser gerecht wird. Da in dem vom Familiensenat entschiedenen Fall der Reise bereits andere Gründe entgegenstanden, hat der Senat keine Aussage dazu getroffen, ob die Entscheidungsbefugnis über die geplante Reise im Hinblick auf die Corona-Pandemie dem reisewilligen oder -unwilligen Elternteil zu übertragen war.
Quelle: OLG Naumburg, Übertragung der Entscheidung über eine Auslandsreise des Kindes sowie der Befugnis zur Passbeantragung auf einen Elternteil, JAmt 2010, 388 Redaktion beck-aktuell, Verlag C.H.BECK, 3. August 2020.
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