Hat ein Autofahrer mit seinem Fahrzeug unverschuldet einen Unfallschaden erlitten, darf er seinen Kfz-Schaden, sofern die Voraussetzungen für eine fiktive Schadenberechnung vorliegen, auf der Grundlage der üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt beziffern, die ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat. Allerdings ist ein Verweis des Schädigers auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen anderen markengebundenen oder „freien“ Fachwerkstatt, welche günstigere Stundenverrechnungsätze berechnet, möglich, wenn der Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer darlegt und erforderlichenfalls beweist, dass eine Reparatur in dieser günstigeren Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht und der Geschädigte keine Umstände aufzeigt, die ihm eine Reparatur außerhalb der markengebundenen Fachwerkstatt unzumutbar machen.
Unter welchen Voraussetzungen ein solcher Verweis auf eine freie Werkstatt zumutbar ist oder nicht, d.h. ob und unter welchen Voraussetzungen sich ein Geschädigter im Falle einer fiktiver Abrechnung auf die Stundenverrechnungssätze einer konkret benannten, nicht markengebundenen Fachwerkstatt verweisen lassen muss, ist immer wieder Gegenstand von gerichtlichen Entscheidungen. Dabei müssen sich die Gerichte neben der Frage nach dem „Qualitätsstandard“ dieser „Referenzwerkstatt“ regelmäßig auch mit der Frage auseinandersetzen, wie weit die nicht markengebundene Fachwerkstatt vom Wohnsitz des Geschädigten entfernt sein darf, damit eine solche Verweisung noch zumutbar ist. Mit dieser Problematik hatte sich jüngst das OLG Düsseldorf zu befassen, indem der Unfallgeschädigte bei der Schadensregulierung nur die günstigeren Stundenverrechnungssätze einer freien Werkstatt bekam, welche zwar knapp 38 km von seinem Wohnort entfernt war, allerdings einen Hol- und Bringservice mit überschaubaren Kosten anbot.
Nach dem Urteil des OLG Düsseldorf vom 17.09.2019 (AZ: 1 U 84/19) konnte der Unfallgeschädigte seiner Schadensabrechnung die höheren Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legen, weil ihm der Unfallverursacher bzw. dessen Haftpflichtversicherer kein zumutbares alternatives Reparaturangebot unterbreitet hatte. Zur Begründung führt das Gericht aus, dass eine freie Fachwerkstatt, die fast 38 km vom Wohnort des Geschädigten entfernt in einer anderen Stadt liegt und keinen kostenlosen Bring- und Holservice anbietet, unter Berücksichtigung gegebener Verzögerungen, die sich im morgend- und nachmittaglichen Berufsverkehr ergeben, jedenfalls dann nicht mühelos und ohne Weiteres erreichbar ist, wenn eine markengebundene Werkstatt nur 6 km entfernt liegt und in 9 Autominuten erreicht werden kann.
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