Ist die aktuelle Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Kostentragungspflicht bei einer Dachterrasse im Wohnungseigentumsrecht ein Paukensschlag?
Jedenfalls dürfte diese Entscheidung bei genauerem Hinsehen für einige Sprengkraft in der ein oder anderen Eigentümergemeinschaft sorgen. Denn je nachdem wie der Text in der konkreten Teilungserklärung zur Kostentragungspflicht für Instandhaltung und Instandsetzung gefasst ist, entfällt unter Umständen auch für Gemeinschaftseigentum – also konstruktive Teile eines an sich im Sondereigentum eines Wohnungseigentümers stehenden Balkons oder (Dach-)Terrasse die Pflicht der Gemeinschaft der Eigentümer zur anteiligen Kostentragung. Im konkreten Fall lautete die Textpassage wie folgt:
„§ 2
1) Gegenstand des Sondereigentums sind
a) die in § 1 bezeichneten Räume,
b) die … innerhalb und außerhalb dieser Räume befindlichen Einrichtungen und Anlagen, soweit sie nicht dem gemeinschaftlichen Gebrauch, sondern nur einem Sondereigentum zu dienen bestimmt sind.
…
§ 6
Instandhaltung und Versicherung
1) a) Jeder Wohnungseigentümer hat sein Sondereigentum auf seine Kosten instandzuhalten und instandzusetzen. …
b) Einrichtungen, Anlagen und Gebäudeteile, die nach der Beschaffenheit oder dem Zweck des Bauwerks oder gemäß dieser Teilungserklärung zum ausschließlichen Gebrauch durch einen Wohnungseigentümer bestimmt sind (z. B. Balkon, Loggia) sind von ihm auf seine Kosten instandzuhalten und instandzusetzen.“
Hier hat nun der BGH entschieden, dass bei verständiger Auslegung dieser Regelungen in der Teilungserklärung davon auszugehen ist, dass neben dem Sondereigentum auch das Gemeinschaftseigentum vom einem einzelnen Wohnungseigentümer instandzuhalten und instandzusetzen ist, wenn ein Bereich betroffen ist, der seinem ausschließlichen Gebrauch unterliegt.
„Eine Regelung in der Teilungserklärung, wonach Einrichtungen, Anlagen und Gebäudeteile, die nach der Beschaffenheit oder dem Zweck des Bauwerks oder gemäß dieser Teilungserklärung zum ausschließlichen Gebrauch durch einen Wohnungseigentümer bestimmt sind (z.B. Balkon, Loggia), auf dessen Kosten instandzuhalten und instandzusetzen sind, ist nächstliegend dahin auszulegen, dass sie auch einzelnen Wohnungen zugeordnete Terrassen im Dach der Anlage erfasst und dass sie die Instandsetzung sowohl der im Sonder- als auch der im Gemeinschaftseigentum stehenden Teile solcher Terrassen betrifft“ (Fortführung von Senat, Urteil vom 16. November 2012 – V ZR 9/12, NJW 2013, 681).
BGH, Urteil vom 4. Mai 2018 – V ZR 163/17
Vermeiden lässt sich diese Sichtweise aufgrund der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wohl zukünftig nur dann, wenn in der Teilungserklärung ganz klar geregelt wird, dass von der genannten Kostentragungspflicht das Gemeinschaftseigentum / die konstruktiven Teile des Gemeinschaftseigentums nicht erfasst werden. Im obigen Fall hätte bei § 6 zu Ziff. 1b meiner Ansicht nach deshalb ergänzt werden müssen, dass „Von dieser Kostentragungspflicht sind das Gemeinschaftseigentum insbesondere zwingend konstruktive Teile nicht erfasst“.
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