Nach der in § 622 Abs. 6 BGB normierten Grundregel darf für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer keine längere Frist als für die Kündigung durch den Arbeitgeber vereinbart werden. Dies gilt grundsätzlich sowohl für Beendigungs- als auch für Änderungskündigungen und entsprechend auch für die Kündigungstermine.
Ein Verstoß gegen § 622 Abs. 6 BGB hat dabei nicht zur Folge, dass sich die Frist für die Kündigung durch den Arbeitgeber verlängert. Eine Vereinbarung, die unter Verstoß gegen § 622 Abs. 6 BGB für die Arbeitnehmerkündigung eine längere Frist vorsieht als für die Arbeitgeberkündigung und ggf. auch die Kündigungstermine weiter gehend beschränkt, ist vielmehr nach §§ 134, 139 BGB insgesamt nichtig. Für die Kündigung durch den Arbeitnehmer gelten damit, ohne dass dies im Gesetz gesondert hätte bestimmt werden müssen, ebenfalls die kürzere Frist und ggf. die zusätzlichen Kündigungstermine.
Das LAG München (6. Kammer), Urteil vom 17.12.2019 (6 Sa 543/18) hatte sich nun mit der Frage zu befassen, ob diese gesetzliche Grundregel, wonach die Frist für die Kündigung durch den Arbeitgeber nicht kürzer sein darf als die für seinen Arbeitnehmer, auch gilt, wenn nur dem Arbeitgeber ein Kündigungsrecht insgesamt zusteht. Im Arbeitsvertrag der Parteien war nämlich geregelt, dass das Recht zur ordentlichen Kündigung des Anstellungsvertrages zunächst für 27 Monate für beide Seiten ausgeschlossen war und alleine der Arbeitgeber den Anstellungsvertrag mit einer Frist von drei Monaten zum Ablauf dieser Zeitdauer ordentlich kündigen konnte; sofern dieses Kündigungsrecht vom Arbeitgeber nicht fristgerecht ausgeübt wird, war für alle Parteien das ordentliche Kündigungsrecht für insgesamt 5 Jahre ausgeschlossen.
Nach dem Urteil des LAG München ist ein solch einseitiges, allein dem Arbeitgeber zustehendes Kündigungsrecht nach § 622 Abs. 6 BGB (analog) ausgeschlossen. Der Vorschrift liegt nämlich – so die Richter – der allgemeine Grundsatz zugrunde, faktische Kündigungsbeschränkungen zum Nachteil der Arbeitnehmer auszuschließen. Nach dem reinen Wortlaut dieser Vorschrift darf zwar lediglich die Kündigungsfrist für einen Arbeitnehmer nicht länger sein als für den Arbeitgeber; ist es aber ausgeschlossen, dass bei Kündigungsmöglichkeiten beider Parteien eines Arbeitsvertrages, der Arbeitgeber eine kürzere Kündigungsfrist einzuhalten hat, als der Arbeitnehmer, so muss dies erst Recht gelten, wenn nur dem Arbeitgeber eine ordentliche Kündigungsmöglichkeit eingeräumt ist, während der Arbeitnehmer das Vertragsverhältnis nicht ordentlich beenden kann. Dies beschränkt nach Auffassung des Gerichts in unzulässiger Weise das Mobilitätsinteresse des Arbeitnehmers, also dessen Recht, das Arbeitsverhältnis zu wechseln, in noch weiterem Umfang, als die Vereinbarung unterschiedlich langer Kündigungsfristen für die Vertragsparteien. Im Ergebnis ist das LAG München aufgrund einer ergänzenden Vertragsauslegung jedenfalls zum Schluss gelangt, dass von einer – beiden Vertragsparteien zustehenden – Kündigungsmöglichkeit auszugehen war.
-
Neueste Beiträge
Neueste Kommentare
- Gretl Hendricks bei Ferienwohnung ist keine Wohnung
- Rechtsanwalt Mattes bei Widerruf von Darlehensverträgen auch noch Jahre später möglich
- Rolf bei Widerruf von Darlehensverträgen auch noch Jahre später möglich
- Dieter Link bei Wann ist ein Bürgermeister bei einem Tagesordnungspunkt befangen?
- Dowo bei Ferienwohnung ist keine Wohnung
Archive
- Januar 2021
- Dezember 2020
- November 2020
- Oktober 2020
- September 2020
- August 2020
- Juli 2020
- Juni 2020
- Mai 2020
- April 2020
- März 2020
- Februar 2020
- Januar 2020
- Dezember 2019
- November 2019
- Oktober 2019
- September 2019
- August 2019
- Juli 2019
- Juni 2019
- Mai 2019
- April 2019
- März 2019
- Februar 2019
- Januar 2019
- Dezember 2018
- November 2018
- Oktober 2018
- September 2018
- August 2018
- Juli 2018
- Juni 2018
- Mai 2018
- April 2018
- März 2018
- Februar 2018
- Januar 2018
- Dezember 2017
- November 2017
- Oktober 2017
- September 2017
- August 2017
- Juli 2017
- Juni 2017
- Mai 2017
- April 2017
- März 2017
- Februar 2017
- Januar 2017
- Dezember 2016
- November 2016
- Oktober 2016
- September 2016
- August 2016
- Juli 2016
- Juni 2016
- Mai 2016
- April 2016
- März 2016
- Februar 2016
- Januar 2016
- Dezember 2015
- November 2015
- Oktober 2015
- August 2015
- Juli 2015
- Juni 2015
- Mai 2015
- April 2015
- März 2015
- Februar 2015
- Januar 2015
- Dezember 2014
- November 2014
- Oktober 2014
- September 2014
- August 2014
- Juli 2014
- Juni 2014
- Mai 2014
- April 2014
- März 2014
- Februar 2014
- Januar 2014
- Dezember 2013
- November 2013
- Oktober 2013
- September 2013
- August 2013
- Juli 2013
- Juni 2013
- Mai 2013
- April 2013
- März 2013
- Februar 2013
- Januar 2013
- Dezember 2012
- November 2012
- Oktober 2012
- September 2012
- August 2012
- Juli 2012
- Juni 2012
- Mai 2012
- April 2012
- März 2012
- Februar 2012
- Januar 2012
- Dezember 2011
- November 2011
- Oktober 2011
- September 2011
- August 2011
Kategorien
- Allgemein
- Arbeitsrecht
- Architektenrecht
- Bankrecht
- Baurecht
- Erbrecht
- Familienrecht
- Gesellschaftsrecht
- Immobilienrecht
- Internetrecht
- Kapitalanlagerecht
- Mediation
- Medizinrecht
- Mietrecht
- Reiserecht
- Sozialrecht
- Steuerrecht
- Urheberrecht
- Vergaberecht
- Verkehrsrecht
- Versicherungsrecht
- Verwaltungsrecht
- Wettbewerbsrecht
Meta
Tags
Abmahnung Baurecht Bauvertrag Betriebskosten BGH Bundesfinanzhof Bundesgerichtshof Darlehen Düsseldorfer Tabelle Eigenbedarf Eltern Erbe Erbrecht Erbschaftsteuer Fachanwalt Filesharing Isny Kindergeld Kindesunterhalt Kindeswohl Kündigung Mangel Mieter Mieterhöhung Mietrecht Mietvertrag Oberschwaben Ravensburg Rechtsanwalt Regine Nick Reise Reiserecht Schadensersatz Scheidung Schönheitsreparaturen Sorgerecht Steuerberater Steuerrecht Testament Trennung Unterhalt Vermieter Wangen Widerruf Wohnungseigentum