Nach § 23 Abs. 1 a StVO in der bis zum 31.3.2013 geltenden Fassung war dem Fahrzeugführer die Benutzung eines Mobil- oder Autotelefons untersagt, wenn er hierfür das Mobiltelefon oder den Hörer des Autotelefons aufnimmt oder hält. Durch diese seit 01.02.2001 geltenden Regelung sollte gewährleistet werden, dass der Fahrzeugführer während der Benutzung des Mobil-oder Autotelefons beide Hände für die Bewältigung der Fahraufgaben frei hat. Die Benutzung schloss neben dem Gespräch im öffentlichen Fernsprechnetz sämtliche Bedienfunktionen wie das Anwählen, die Versendung von Kurznachrichten oder das Abrufen von Daten im Internet etc. ein. Der Fahrzeugführer durfte das Mobil-oder Autotelefon hingegen benutzen, wenn er dazu das Telefon nicht aufnehmen oder halten muss. Insoweit sollte es der Verantwortung des Fahrzeugführers überlassen bleiben, ob er in Kenntnis der auch dann noch bestehenden Risiken der mentalen Überlastung und Ablenkung von der eigentlichen Fahraufgabe ein Telefongespräch führt. Gleiches galt für das Betätigen der weiteren Bedienfunktionen, die unter der genannten Bedingung ebenfalls weiter erlaubt blieb. Auch insoweit sollte es dem Fahrzeugführer obliegen, die davon ausgehenden Beeinträchtigungen so gering wie möglich zu halten, z.B. durch die Anwahl mittels Sprachsteuerung oder zumindest durch die Eingabe von Kurzwahlnummern, um den Wählvorgang möglichst wenig ablenken zu gestalten (so die amtl. Begründung – BR-Dr. 599/00, S. 18).
Die Rechtsprechung lässt für die Verwirklichung der Ordnungswidrigkeit des § 23 Abs. 1 a StVO ungeachtet der konkret benutzten Funktion das zur Hand nehmen des Mobiltelefons genügen und legt den Begriff der Benutzung – in Übereinstimmung mit dem Willen des Gesetzgebers – so aus, dass darunter auch der Gebrauch für andere Zwecke außerhalb des Telefonierens umfasst wird. Erfüllt ist die Ordnungswidrigkeit danach nicht nur bei mit dem Telefonieren verbundenen Tätigkeiten, wie dem in der Hand halten nach einem bereits beendeten oder vor einem noch nicht begonnenen Telefonat, dem Einschalten, auch wenn es am entladenen Akku scheitert, dem Aufnehmen wegen Aufleuchtens des Akku, dem Auslesen einer Telefonnummer oder sonstiger Daten, der Prüfung der SIM-Karte, dem Wegdrücken eines Anrufs oder der Teilnahme am SMS-Verkehr. Ebenso verwirklichen die Nutzung als Organisator, zum Musik hören, als Kamera und Spielgerät, zur Abfrage aus dem Internet, als Diktiergerät, als Navigationsgerät, als Kalender und das Ablesen der Uhrzeit vom Display den Tatbestand (so die Beispiele in Lohse: Sanktionierung der Nutzung technischer Kommunikationsgeräte durch den Fahrzeugführer (SVR 2015, 361)).
Die Regelung des § 23 I a StVO wurde durch die Verordnung zur Neufassung der StVO vom 6.3.2013 (BGBl. I 2013, S. 367) inhaltlich insoweit präzisiert und neu gefasst, als die Benutzung eines Mobil- oder Autotelefon während der Fahrt verboten ist, wenn hierfür das Mobiltelefon oder der Hörer des Autotelefons aufgenommen oder gehalten werden muss. Diese Fassungsänderung bewirkte, dass der Kreis der tauglichen Tatobjekte durch die Formulierung „gehalten werden muss“ enger gezogen wird. Das Verbot erfasst also nun nicht mehr die Benutzung jeglicher Mobilfunkgeräte, die der Fahrer hält, sondern bezieht sich nur auf Geräte, die zur Benutzung „gehalten werden müssen“. Diese Einschränkung ist einem Fahrzeugführer zugutegekommen, der sein Telefonat mit dem Handy bereits vor Fahrtantritt begonnen hatte und bei dem sich nach dem Start des Motors eine Verbindung über Bluetooth mit der Freisprecheinrichtung aufgebaut hat, so dass das Telefonat über die Freisprechanlage fortgeführt werden konnte. Nach der Verbindung mit der Freisprechanlage hatte der Fahrzeugführer nämlich lediglich vergessen, das Telefon aus der Hand zu legen. Während das Amtsgericht dieses Verhalten noch als fahrlässigen Verstoß gegen das Verbot der Benutzung eines Mobiltelefons während der Fahrt bewertete, war die vom Fahrzeugführer gegen die Entscheidung eingelegte Rechtsbeschwerde erfolgreich. Nach Auffassung des OLG Stuttgart verstößt ein Kraftfahrzeugführer, der während der Fracht eine mit einer Freisprechanlage verbundenes Mobiltelefon in der Hand hält und über die Freisprechanlage telefoniert, nicht gegen das Handyverbot, solange er keine weiteren Funktionen des in der Hand gehaltenen Geräts nutzt (OLG Stuttgart, Beschluss vom 25.4.2016 – 4 Ss 212/16). Da das Telefon in diesem Fall durch die hergestellte Verbindung mit der Freisprecheinrichtung nicht mehr in der Hand gehalten werden musste, sei die tatbestandliche Bedingung, wonach für die verbotene Nutzung eines Mobiltelefons das Gerät „aufgenommen oder gehalten werden muss“ dem Gesetzeswortlaut nach nicht erfüllt. Dem stand hier auch nicht entgegen, dass der Fahrzeugführer das Mobiltelefon tatsächlich in der Hand gehalten hat, weil sich dies gerade nicht auf den konkreten Kommunikationsvorgang ausgewirkt hat.
-
Neueste Beiträge
Neueste Kommentare
- Gretl Hendricks bei Ferienwohnung ist keine Wohnung
- Rechtsanwalt Mattes bei Widerruf von Darlehensverträgen auch noch Jahre später möglich
- Rolf bei Widerruf von Darlehensverträgen auch noch Jahre später möglich
- Dieter Link bei Wann ist ein Bürgermeister bei einem Tagesordnungspunkt befangen?
- Dowo bei Ferienwohnung ist keine Wohnung
Archive
- Januar 2021
- Dezember 2020
- November 2020
- Oktober 2020
- September 2020
- August 2020
- Juli 2020
- Juni 2020
- Mai 2020
- April 2020
- März 2020
- Februar 2020
- Januar 2020
- Dezember 2019
- November 2019
- Oktober 2019
- September 2019
- August 2019
- Juli 2019
- Juni 2019
- Mai 2019
- April 2019
- März 2019
- Februar 2019
- Januar 2019
- Dezember 2018
- November 2018
- Oktober 2018
- September 2018
- August 2018
- Juli 2018
- Juni 2018
- Mai 2018
- April 2018
- März 2018
- Februar 2018
- Januar 2018
- Dezember 2017
- November 2017
- Oktober 2017
- September 2017
- August 2017
- Juli 2017
- Juni 2017
- Mai 2017
- April 2017
- März 2017
- Februar 2017
- Januar 2017
- Dezember 2016
- November 2016
- Oktober 2016
- September 2016
- August 2016
- Juli 2016
- Juni 2016
- Mai 2016
- April 2016
- März 2016
- Februar 2016
- Januar 2016
- Dezember 2015
- November 2015
- Oktober 2015
- August 2015
- Juli 2015
- Juni 2015
- Mai 2015
- April 2015
- März 2015
- Februar 2015
- Januar 2015
- Dezember 2014
- November 2014
- Oktober 2014
- September 2014
- August 2014
- Juli 2014
- Juni 2014
- Mai 2014
- April 2014
- März 2014
- Februar 2014
- Januar 2014
- Dezember 2013
- November 2013
- Oktober 2013
- September 2013
- August 2013
- Juli 2013
- Juni 2013
- Mai 2013
- April 2013
- März 2013
- Februar 2013
- Januar 2013
- Dezember 2012
- November 2012
- Oktober 2012
- September 2012
- August 2012
- Juli 2012
- Juni 2012
- Mai 2012
- April 2012
- März 2012
- Februar 2012
- Januar 2012
- Dezember 2011
- November 2011
- Oktober 2011
- September 2011
- August 2011
Kategorien
- Allgemein
- Arbeitsrecht
- Architektenrecht
- Bankrecht
- Baurecht
- Erbrecht
- Familienrecht
- Gesellschaftsrecht
- Immobilienrecht
- Internetrecht
- Kapitalanlagerecht
- Mediation
- Medizinrecht
- Mietrecht
- Reiserecht
- Sozialrecht
- Steuerrecht
- Urheberrecht
- Vergaberecht
- Verkehrsrecht
- Versicherungsrecht
- Verwaltungsrecht
- Wettbewerbsrecht
Meta
Tags
Abmahnung Baurecht Bauvertrag Betriebskosten BGH Bundesfinanzhof Bundesgerichtshof Darlehen Düsseldorfer Tabelle Eigenbedarf Eltern Erbe Erbrecht Erbschaftsteuer Fachanwalt Filesharing Isny Kindergeld Kindesunterhalt Kindeswohl Kündigung Mangel Mieter Mieterhöhung Mietrecht Mietvertrag Oberschwaben Ravensburg Rechtsanwalt Regine Nick Reise Reiserecht Schadensersatz Scheidung Schönheitsreparaturen Sorgerecht Steuerberater Steuerrecht Testament Trennung Unterhalt Vermieter Wangen Widerruf Wohnungseigentum